Leitsatz

Wird einer Gesellschaft zu Unrecht Geld überwiesen, ist ihr Vermögen um das ihrem Konto gutgeschriebene Buchgeld ungerechtfertigt gemehrt

 

Normenkette

§ 812 BGB

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer W nimmt B1 und B2 gesamtverbindlich aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Ersatz von 29.488,25 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Dieser Betrag wurde durch den früheren Verwalter F pflichtwidrig für eigene Zwecke von W's Konto zunächst auf das Konto der aus der B1 und deren Schwestern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts G, von dort auf das Konto der B2 und danach auf das Konto einer weiteren Wohnungseigentümergemeinschaft überwiesen.
  2. Das Landgericht weist die Klage ab. Wegen der im Bereicherungsrecht in besonderem Maße geltenden Grundsätze von Treu und Glauben hätten B1 und B2 bei wertender Betrachtung keinen vermögenswerten Vorteil im Sinne von § 812 BGB erlangt, weil das veruntreute Geld auf ihren Konten jeweils nur "durchgeflossen" sei. Dagegen richtet sich die Berufung.
 

Die Entscheidung

  1. Die Berufung hat teilweise Erfolg. Die Klage sei gegenüber B1 bis auf einen Teil des Zinsverlangens begründet. Gegen B2 stehe W hingegen kein Bereicherungsanspruch zu.
  2. Dadurch, dass F der G die 29.488,25 EUR überwies, sei deren Vermögen um das ihrem Konto gutgeschriebene Buchgeld ungerechtfertigt gemehrt. W stehe deshalb, weil die dadurch eingetretene Bereicherung nicht gegenständlich herausgegeben werden könne, gegen G ein Wertersatzanspruch in gleicher Höhe nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2, 818 Abs. 2 BGB zu. Für den Bereicherungsanspruch bestehe weder eine Kondiktionssperre nach § 814 BGB noch eine solche nach § 817 Satz 2 BGB; beide Vorschriften seien beschränkt auf Fälle der Leistungskondiktion. Der Anspruch sei nicht wegen der alsbaldigen Weiterleitung gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. G könne sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Ihr sei die Bösgläubigkeit des von ihr bevollmächtigten F entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Für G's Verbindlichkeiten hafte analog § 128 HGB akzessorisch, persönlich, primär und unbeschränkt auch B1. Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe (§§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB) schulde B1 allerdings erst seit dem Verstreichen des ihr gesetzten Zahlungsziels.
  3. Aus dem Ausgeführten folge, dass W kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen B2 zustehe. Das Vermögen der B2 sei erst durch die von F vorgenommene Weiterüberweisung des zunächst bei G gut gebuchten Geldes gemehrt worden und somit im bereicherungsrechtlichen Sinne nicht mehr "auf Kosten" von W. § 822 BGB ändere daran nichts. § 822 BGB begründe eine subsidiäre Durchgriffshaftung eines Dritten nur dann, wenn der ursprünglich Bereicherte (hier G) infolge unentgeltlicher Weitergabe des Erlangten aus Rechtsgründen (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtet ist. Das sei nicht der Fall.
 

Kommentar

Anmerkung

Die bereicherungsrechtlichen Fragen sind für das Wohnungseigentumsrecht nicht von besonderer Bedeutung. Zu fragen ist aber, wie sich Wohnungseigentümer gegen die Untreue schützen können. Die Antwort lautet: leicht! Das Gesetz hält erstaunlicherweise ein ebenso gutes wie selten genutztes Mittel mit § 27 Abs. 5 WEG bereit. Dieser lautet: "Der Verwalter ist verpflichtet, eingenommene Gelder von seinem Vermögen gesondert zu halten. Die Verfügung über solche Gelder kann durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden." Entsprechende Vereinbarungen bzw. Beschlüsse sollte sich jeder Wohnungseigentümer zum Selbstschutz überlegen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Meldungen, dass Verwalter Gelder veruntreuen, sind zurzeit leider nicht selten. Umso mehr sollte jeder professionell agierende Verwalter darauf bedacht sein, sehr sorgfältig mit den ihm anvertrauten Geldern umzugehen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.05.2014, 4 U 26/13

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