BMF, 10.05.1994, 380 - IV B 2 - S 1901 - 56/94

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zur Frage der Unternehmensrückgabe nach dem Vermögensgesetz wie folgt Stellung genommen:

 

A. Grundzüge des Vermögensgesetzes

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Das Vermögensgesetz vom 23. September 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. August 1992 (VermG - BGBl. Teil I S. 1446) regelt die vermögensrechtlichen Ansprüche von Berechtigten § 2 Abs. 1 VermG), die in der ehemaligen DDR (Beitrittsgebiet) enteignet oder durch staatliche Verwaltung in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt worden sind §§ 1, 2, 4 VermG), sowie von deren Rechtsnachfolgern. Grundsätzlich sind diese Ansprüche durch Rückgabe (Restitution) der bisher einem Verfügungsberechtigten § 2 Abs. 3 VermG) zuzurechnenden Vermögenswerte § 2 Abs. 2 VermG) an die Berechtigten zu erfüllen. Der Grundsatz der Rückgabe wird zugunsten des redlichen Erwerbs von Eigentum oder dinglichen Nutzungsrechten durchbrochen § 4 Abs. 2 und 3 VermG). Das gilt auch für die Fälle, in denen eine Rückgabe aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen ist §§ 4 Abs. 1, 5 VermG) oder der Anspruch auf Rückgabe mit der Erteilung eines Investitionsvorrangbescheids entfällt § 11 Abs. 2 Investitionsvorranggesetz - InVorG - BGBl. 1992 Teil I S. 1268 -). Ist eine Rückgabe hiernach nicht möglich, hat der Berechtigte Anspruch auf Entschädigung; diese kann er im übrigen stets anstelle der Rückgabe oder der Inanspruchnahme sonstiger Rechte wählen (§§ 6 Abs. 6a und Abs. 7, 8 und 11 VermG; § 17 InVorG).

 

B. Grundsätze der Unternehmensrückgabe

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Für die Rückgabe von Unternehmen gelten insbesondere die Vorschriften der §§ 6 bis 6b VermG sowie die Verordnung zum VermG über die Rückgabe von Unternehmen (Unternehmensrückgabeverordnung - URüV - BGBl. 1991 I S. 1542).

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Ein Unternehmen ist auf Antrag an den Berechtigten zurückzugeben, wenn das heutige Unternehmen unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung mit dem vormals enteigneten Unternehmen im Zeitpunkt der Enteignung vergleichbar ist § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG, § 2 URüV). Die Unternehmensrückgabe setzt somit stets ein noch bestehendes Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb voraus.

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Ein Berechtigter, der einen Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens stellt oder stellen könnte, kann diesen grundsätzlich nicht auf die Rückgabe nur einzelner Vermögensgegenstände des Unternehmens beschränken, die sich im Zeitpunkt der Schädigung in seinem Eigentum befanden § 3 Abs. 1 Satz 3 VermG).

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Wurde der Geschäftsbetrieb eingestellt und fehlen die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs, ist die Rückgabe des Unternehmens ausgeschlossen § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG). In diesem besonderen Fall kann der Berechtigte aus Billigkeitsgründen die Rückgabe der Vermögensgegenstände beanspruchen, die sich im Zeitpunkt der Schädigung in seinem Eigentum befanden oder später an deren Stelle getreten sind § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG).

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Statt der Rückgabe kann der Berechtigte eine Entschädigung für den Wert des Unternehmens im Zeitpunkt der Schädigung nach Maßgabe des § 6 Abs. 7 VermG verlangen.

 

C. Begriffsbestimmungen

 

I. Unternehmen

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Für Zwecke der Unternehmensrückgabe ist zwischen dem zurückzugebenden und dem enteigneten bzw. dem entzogenen (geschädigten) Unternehmen zu unterscheiden (§ 1 Abs. 1 Satz 3 URüV). Die Unterscheidung ist notwendig, um Veränderungen zu erfassen, die sich während der Dauer der Schädigung zwischen dem damaligen und dem heutigen Unternehmen ergeben haben. Das zurückzugebende Unternehmen ist somit regelmäßig auf den Zeitpunkt der Rückgabe und das geschädigte Unternehmen auf den Zeitpunkt der Schädigung zu betrachten.

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Unternehmen im Sinne der Tz. 7 ist auch die Zweigniederlassung oder Betriebsstätte eines Unternehmens mit Hauptniederlassung außerhalb des Beitrittsgebiets § 2 Abs. 2 Satz 2 VermG).

 

1. Zurückzugebendes Unternehmen

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Das zurückzugebende Unternehmen ist das Unternehmen, das in seiner Gesamtheit und mit allen Aktiva und Passiva zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorhanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 URüV). Es ist grundsätzlich in dem Zustand an den früheren Unternehmensträger zurückzugeben, in dem es sich im Zeitpunkt der Rückgabe befindet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 URüV).

 

2. Geschädigtes Unternehmen

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Das geschädigte Unternehmen ist das Unternehmen, das einer Enteignung oder sonstigen schädigenden Maßnahme im Sinne von § 1 VermG unterlegen hat.

 

II. Unternehmensträger

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Von dem zurückzugebenden oder geschädigten Unternehmen als solchem ist der jeweilige Unternehmensträger zu unterscheiden. Das Unternehmen ist keine rechtsfähige Person und kann deshalb nicht selbst im Rechtsverkehr auftreten. Zu diesem Zweck bedarf es eines Unternehmensträgers, der Inhaber des Unternehmens ist und als solcher für das Unternehmen handelt. Dem Unternehmensträger werden die Vermögensgegenstände und Schulden zugerechnet.

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Als Unternehmensträger sind insbesondere Einzelunternehmer, Personenha...

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