Leitsatz

  1. Behebung von Gründungsmängeln bei Bildung von Wohnungseigentum durch die Gemeinschaft (seinerzeitige Falschbezeichnung und "Verwechslung von Sondereigentum" durch den zwischenzeitlich insolventen Bauträgerverkäufer im Zuge des Grundbuchvollzugs)
  2. "Heilung" grundbuchrechtlicher Unrichtigkeit durch gemeinschaftliche Verpflichtung zur Änderung der Teilungserklärung, um aus isolierten Miteigentumsanteilen der (faktischen ) Gemeinschaft entsprechendes Sondereigentum rechtswirksam entstehen zu lassen
 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 WEG; §§ 873, 874 BGB

 

Kommentar

  1. Auch wenn bei der Bildung von Wohnungseigentum (schon 1971) aufgrund eines wegen Verstoßes gegen das grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgebot fehlerhaften Gründungsakts ausschließlich isolierte Miteigentumsanteile entstanden sind und vorliegend Sondereigentum hinsichtlich aller Einheiten der Wohnanlage bisher nicht rechtswirksam begründet wurde, können die als Wohnungseigentümer bisher fälschlich im Grundbuch eingetragenen Berechtigten nachträglich den ursprünglichen fehlerhaften Gründungsakt (Teilungserklärung/Aufteilungsplan) ändern und somit erstmals Sondereigentum zur Entstehung bringen.
  2. Die zwischenzeitlich insolvent gewordene und gelöschte Bauträgerverkäuferfirma hatte bereits im Jahr 1971 48 Einheiten erstellt und verkauft. Die Teilung wurde 1971 im Grundbuch unter Anlegung der entsprechenden Grundbuchblätter vollzogen. Erstkäufer, Rechtsnachfolger und Grundpfandgläubiger wurden allerdings nicht in dem sie betreffenden Grundbuchblatt, sondern jeweils in dem Grundbuchblatt anderer, spiegelbildlich gelegener Wohnungen eingetragen. Im Streit stand hier eine Nachtragsurkunde – bewilligt von allen derzeitigen Eigentümern und Pfandgläubigern – zur Bereinigung der Verhältnisse.
  3. Beim Verkauf der Wohnungen durch den Bauträger ab 1971 war es zur Verwechslung in der nummernmäßigen Bezeichnung des jeweiligen Sondereigentums gekommen, da jeweils gegenüber dem Grundbucheintrag spiegelbildliche Wohnungen Gegenstand von Verkauf und Auflassung waren. Nach Meinung des Landgerichts seien aufgrund des anerkannten Grundsatzes, dass eine Falschbezeichnung nicht schade (falsa demontratio non nocet), Kaufvertrag und Auflassung – bezogen auf die tatsächlich als Objekt gewollte, von den Erwerbern besichtigte und sodann tatsächlich bezogene Wohnung – wirksam. Grundbuchrechtlich würde dies i.d.R. Richtigstellungsbewilligungen (sog. Identitätserklärungen, vgl. BGH DNotZ 2001, 846/850) nicht nur des ursprünglichen Bauträgers, sondern auch der Zweit- und Dritterwerber sowie Pfandgläubiger in der Form des § 29 GBO erforderlich machen. Für den insolvent gewordenen Bauträger müsste hier zunächst ein Nachtragsliquidator bestellt werden.
  4. Nach Meinung des Senats "greift diese Auffassung der Vorinstanz zu kurz". Vielmehr ist davon auszugehen, dass bereits die ursprüngliche Teilungserklärung von 1971 unter den hier gegebenen besonderen Voraussetzungen wegen Verstoßes gegen das grundbuchrechtlicheBestimmtheitsgebotunwirksam ist, was zur Folge hat, dass kein Sondereigentum entstehen konnte. Allerdings haben hier Käufer isolierte, nicht mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile erworben. Insoweit besteht eine wechselseitige Verpflichtung der Eigentümer nach Maßgabe von § 242 BGB, den Gründungsakt so zu ändern, dass sondereigentumslose Miteigentumsanteile nicht weiter bestehen bleiben (BGH, NJW 2004, 1798 = ZfIR 2005, 108 mit Anmerkung Armbrüster). Miteigentümer von isolierten Miteigentumsanteilen sind aufgrund ihres Anwartschaftsrechts auf Sondereigentum jedenfalls berechtigt, nachträglich den ursprünglich fehlerhaften Gründungsakt gem. § 3 Abs. 1 WEG entsprechend zu ändern und erstmals Sondereigentum an Räumen zur Entstehung zu bringen (vgl. auch Elzer in Riecke/Schmid, WEG 2. Aufl. § 11 Rn. 14 m.w.N. und Rn. 19).

    Stimmen die wörtliche Beschreibung des Gegenstands von Sondereigentum in der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein, ist grundsätzlich grundbuchrechtlich keiner der sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig und damit Sondereigentum auch nicht entstanden. Aus Sicht des Senats kann es nun keinen Unterschied machen, ob sich ein Gründungsmangel auf einzelne Räume oder auch auf die Gesamtheit der für Sondereigentum bestimmten Räumlichkeiten bezieht. Sind also isolierte, nicht mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile entstanden, bestimmen sich die Verhältnisse der betroffenen Eigentümer untereinander entsprechend denen einer "faktischen Eigentümergemeinschaft". Mangels sachenrechtlicher Bestimmtheit ist die Grundbucheintragung hinsichtlich des (bisherigen) Sondereigentums inhaltlich unzulässig und ohne materielle Wirkung; sie kann auch nicht Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB sein. Die Falschbezeichnung der Wohnungen bei den jeweiligen Veräußerungen hat vielmehr zur Folge, dass zwar nicht wirksam Sondereigentum, wohl aber isolierte Miteigentumsanteile übertragen wurden (BGH, NJW 2004, 1798/1800). Der Gründungsakt muss...

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