Leitsatz

  1. Unbefugtes Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück als verbotene Eigenmacht
  2. Schadensersatzverpflichtung des Fahrzeugführers für Abschleppkosten
 

Normenkette

§§ 823 Abs. 2, 858, 859 BGB

 

Kommentar

  1. Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht verbotene Eigenmacht. Der unmittelbare Grundstücksbesitzer darf sich dagegen wehren, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt. Die Abschleppkosten kann er als Schadensersatz von dem Fahrzeugführer verlangen.
  2. Ein Parkplatzeigentümer hatte im Einfahrtsbereich ein großes, gut sichtbares Schild mit entsprechenden Park- bzw. Parkverbotshinweisen aufgestellt und dort ebenfalls vermerken lassen, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt würden.

    Weiterhin wurde eine entsprechende Vereinbarung mit einem Abschleppunternehmer und einem Inkassounternehmen getroffen.

    Im Jahr 2007 wurde dann auch das Fahrzeug eines "Parksünders" abgeschleppt und auf das Gelände des Abschleppunternehmens verbracht. Dort musste der Fahrzeugführer am Abend sein Fahrzeug gegen Zahlung von 150 EUR Abschleppkosten sowie 15 EUR Inkassogebühren und 46,41 EUR vorgerichtliche Mahnkosten auslösen. Der Fahrer klagte auf Rückzahlung gegen den Grundstückseigentümer, allerdings weitgehend in allen drei Instanzen ohne Erfolg.

  3. Der klagende Fahrzeugführer berief sich zu Unrecht auf § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB (Leistungskondiktion). Zweck der Zahlung an das Abschleppunternehmen bestand darin, eine vom beklagten Grundstückseigentümer geltend gemachte Forderung zu erfüllen, nämlich einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Abschleppkosten, deren Begleichung er aufgrund des Vertrags mit dem Abschleppunternehmen diesem schuldete. Das Abschlepp- und das Inkassounternehmen waren nur Zahlstelle. Der Kläger hätte die Zahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung nur dann verlangen können, wenn ein Schadensersatzanspruch nicht vorgelegen hätte. Die Frage, ob das Abschleppunternehmen den ihm zugeflossenen Betrag behalten könne, beurteilt sich ausschließlich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Abschleppunternehmen. Durch die Zahlung des Klägers erfolgte die Leistung auch nicht ohne Rechtsgrund. Es war nämlich ein Schadensersatzanspruch des Grundstückseigentümers auf Zahlung der Abschleppkosten nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 858 Abs. 1 BGB zu bejahen. Der Kläger beging verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB (Besitzstörung bzw. teilweise Besitzentziehung nach h.M.). Der Beklagte war unmittelbarer Besitzer des Parkplatzes, gegen den sich die verbotene Eigenmacht des Klägers richtete. § 858 Abs. 1 BGB ist auch Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers (vgl. BGHZ 114, S. 305, 313 m.w.N.).

    Dem Beklagten stand daher ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zu, betrachtet man unbefugtes Parken zu Recht als Besitzstörung (vgl. § 859 Abs. 1 BGB); geht man von einer teilweisen Entziehung des Besitzes aus, ist § 859 Abs. 3 BGB anwendbar. Das Verhalten des Grundstückseigentümers, d.h. sein Selbsthilferecht, entsprach auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Sinne von § 242 BGB (angemessene Mittel-Zweck-Relation). Vorliegend war zudem kein Verstoß gegen das Gebot der "schonendsten Sanktion" gegeben. Ein unbefugt auf fremdem Grundstück abgestelltes Fahrzeug kann ohne konkrete Behinderung entfernt werden. Auch durfte der beklagte Grundstückseigentümer einen Dritten mit der Überwachung seines Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken beauftragen. Von etwa bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens und rechtsmissbräuchlicher Abschleppvorgänge konnte vorliegend nicht gesprochen werden. Auch die Kosten standen in adäquatem Zusammenhang mit der vom Kläger verübten verbotenen Eigenmacht.

    4. Abzulehnen war allein der Inkassokostenbetrag von 15 EUR nebst Zinsen; diese Zahlung des Klägers erfolgte ohne Rechtsgrund. Inkassokosten sind als Folgeschaden anzusehen, der dem Kläger zuzurechnen ist. Die Beauftragung eines Inkassounternehmens diente nicht der Schadensbeseitigung oder Schadensverhütung, sondern ausschließlich der Bearbeitung und außergerichtlichen Abwicklung eines Schadensersatzanspruchs des beklagten Grundstückseigentümers. Solche Aufwendungen kann ein Geschädigter von einem Schädiger in der Regel nicht ersetzt verlangen. Es bestanden auch nicht die Voraussetzungen für einen Verzugseintritt.

Anmerkung

Die Entscheidung betraf zwar einen Grundstückseigentümer mit Parkflächen allein für Kunden von Einkaufszentren. Allerdings können die Entscheidungsgründe analog auch auf Parkflächen von Wohnungseigentümergemeinschaften mit Kunden- bzw. Besucherverkehr für eigene Teil- und Wohnungseigentumseinheiten angewendet werden. Dies gilt sicher auch im Einzelfall für sondernutzungsberechtigte Stellplatzeigentümer oder gar Stellplatzteileigentümer in einer Sammel- bzw. Tiefgarage. Haben hier solche Plätze keine Absperrvorrichtungen, bestehen wohl auch hier grds. ähnl...

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