Die Frage des Zeitpunkts der Weiterlieferung ist gemäß dem BMF-Schreiben vom 23.7.1986 insbesondere für die Frage der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 9a UStG relevant.[1]

Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag

Eine Weiterlieferung des Bauwerks an den Grundstückseigentümer liegt erst zu dem Zeitpunkt vor, in dem Substanz, Wert und Ertrag und damit die Verfügungsmacht tatsächlich auf den Grundstückseigentümer übergehen.

Ist nach den tatsächlichen Verhältnissen der Ehegatte, der nicht alleiniger Grundstückseigentümer ist, als Besteller anzusehen, so stellt sich die Frage, ob und wann er das Bauwerk an den anderen Ehegatten oder die Ehegattengemeinschaft weitergeliefert hat.

 
Praxis-Beispiel

Weiterlieferung des Gebäudes an Ehegatten ohne Zahlung

Unternehmer M errichtet auf dem unbebauten Grundstück seiner Ehefrau E ein Zweifamilienhaus, das nach Fertigstellung teilweise an einen Steuerberater vermietet wird und im Übrigen den Eheleuten als Privatwohnung dient. Den Mietvertrag mit dem Steuerberater hat Frau E im eigenen Namen abgeschlossen.

Da Frau E über das Gebäude durch Vermietung bzw. Eigennutzung verfügt, muss ihr zuvor Verfügungsmacht verschafft worden sein. Es ist deshalb von einer Weiterlieferung des Gebäudes im Zeitpunkt der Fertigstellung auszugehen.

Leistet Frau E an ihren Ehegatten keine Zahlung, liegt eine nicht steuerbare Weiterlieferung vor. Es ist dann davon auszugehen, dass die Werklieferung der Bauhandwerker insoweit unmittelbar in den nichtunternehmerischen Bereich des bestellenden Ehegatten eingegangen und von dort an den Grundstückseigentümer weitergeliefert worden ist. Ein Vorsteuerabzug aus den Bauleistungen ist ausgeschlossen. Leistet der Grundstückseigentümer an den bestellenden Ehegatten keine Zahlung, so liegt eine steuerbare Weiterlieferung auch dann nicht vor, wenn der Grundstückseigentümer mit dem bestellenden Ehegatten einen Mietvertrag über das Bauwerk abschließt. Ein Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG kommt in diesem Fall nicht in Betracht, weil das Bauwerk den unternehmerischen Bereich des bestellenden Ehegatten nicht verlassen hat.[2]

Sofortige Lieferung bei Beteiligung an Baukosten

Einer Verfügung durch den Grundstückseigentümer steht es bei Ehegattengrundstücken gleich, wenn sich der Grundstückseigentümer an den Baukosten beteiligt und die Zahlung als Gegenleistung für die Lieferung des Bauwerks anzusehen ist. Einen Anhaltspunkt hierfür kann die Wertrelation bilden: Entspricht die Zuwendung des Grundstückseigentümers in etwa dem Wert des übertragenen Gebäudes, so findet die Weiterlieferung sofort mit Fertigstellung des Bauwerks statt.

Lieferung auch von Gebäudeteilen möglich

Verfügt der Grundstückseigentümer nur teilweise über das Bauwerk, so kann auch nur insoweit eine Weiterlieferung vorliegen; der Rest des Bauwerks verbleibt beim Besteller und kann Gegenstand eines weiteren (späteren) Liefervorgangs sein.

 
Praxis-Beispiel

Teilweise Weiterlieferung

Sachverhalt wie oben – Den Mietvertrag mit dem Steuerberater hat jedoch nicht Frau E, sondern allein ihr Ehemann M unterschrieben. Zwischen den Eheleuten selbst besteht kein Mietvertrag.

Herr M nutzt die Räume der Steuerberatungspraxis durch Vermietung an Dritte. Da er insoweit nicht als Zwischenmieter auftritt, muss ihm zwangsläufig noch die Verfügungsmacht an den Räumen zustehen. Bei steuerpflichtiger Vermietung ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit die Baukosten auf den vermieteten Gebäudeteil entfallen. Herr M hat damit nur die Privatwohnung sofort an seine Ehefrau weitergeliefert.

[2] BFH, Urteil v. 26.2.1976, a. a. O.; BMF, Schreiben v. 23.7.1986, IV A 2-S 7100-76/86, BStBl 1986 I S. 432.

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