Eine Weiterlieferung des Gebäudes an den Grundstückseigentümer ist für den Vorsteuerabzug des Bestellers schädlich, wenn die Weiterlieferung gemäß § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei ist.[1]

Hierfür ist gemäß BMF-Schreiben v. 23.7.1986[2] wie folgt zu unterscheiden:

  • Bei sofortiger Weiterlieferung des Gebäudes durch den Besteller an den Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Erstellung ist die Weiterlieferung nicht umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 9a UStG, da die Weiterlieferung nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt.[3]
  • Wird dem Grundstückseigentümer die Verfügungsmacht an dem Bauwerk hingegen erst später verschafft (z. B. bei Beendigung des Mietverhältnisses), so ist diese Lieferung steuerfrei nach § 4 Nr. 9a UStG, sofern sie als Übertragung eines Gebäudes auf fremdem Boden nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 oder 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt.[4]

Fraglich ist, wann eine steuerfreie Weiterlieferung an den Grundstückseigentümer vorliegt:

Leistungsempfänger

Leistungsempfänger der Werklieferung des Bauunternehmers ist zunächst derjenige, der gegenüber dem Bauunternehmer im eigenen Namen als Besteller des Bauwerks aufgetreten ist.

Weiterlieferung

Im Eigentumsübergang des Gebäudes auf den Grundstückseigentümer gem. §§ 946 BGB und 94 BGB ist nach der Rechtsprechung des BFH[5] nicht zwangsläufig eine (Weiter-)Lieferung an den Grundstückseigentümer zu sehen. Denn eine Weiterlieferung des Bauwerks durch den Besteller kann nur angenommen werden, wenn der Grundstückseigentümer auch Verfügungsmacht am Bauwerk erhält.[6] Hierzu ist erforderlich, dass nach dem Willen der Beteiligten der Besteller die Verfügungsmacht verliert und er zugleich dem Grundstückseigentümer Substanz, Wert und Ertrag des Bauwerks zuwendet. Das bedeutet, dass eine Weiterlieferung vorliegt, wenn der Eigentümer die volle körperliche und wirtschaftliche Sachherrschaft über das Bauwerk erhält, die zu einer uneingeschränkten Verfügungsberechtigung über diese wirtschaftliche Substanz führt.[7] Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Grundstückseigentümer dem Besteller die Herstellungskosten des Bauwerks ersetzt und ihm mit Fertigstellung und Ingebrauchnahme hierfür eine Miete berechnet. In diesem Fall liegt unmittelbar mit der Lieferung des Bauwerks an den Besteller eine Weiterlieferung des Bauwerks durch den Besteller an den Grundstückseigentümer vor.

Bauwerk ist Scheinbestandteil des Grundstücks

Keine Weiterlieferung

Eine Weiterlieferung durch den Besteller an den Grundstückseigentümer scheidet aus, wenn der Besteller zivilrechtlicher Eigentümer des errichteten Bauwerks bleibt, weil es nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden wird[8], der Besteller also nicht die Absicht hat, dem Grundstückseigentümer das Bauwerk nach Beendigung des Mietvertrags zu überlassen.[9]

 
Praxis-Beispiel

Lagerhalle auf fremdem Grundstück

Ein Kfz-Händler mietet für die Dauer von 10 Jahren das unbebaute Grundstück seiner Ehefrau. Er lässt auf dem Grundstück eine Lagerhalle errichten, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 15 Jahre beträgt. Zwischen den Eheleuten ist vereinbart, dass die Lagerhalle nach Beendigung des Mietverhältnisses abzubrechen ist.

Der Kfz-Händler ist als Empfänger der Bauleistungen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus den Baurechnungen berechtigt. Eine Weiterlieferung der Lagerhalle an die Ehefrau als Grundstückseigentümerin liegt nicht vor, weil die Lagerhalle nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden wurde.[10]

Abwandlung: Nach den Vereinbarungen kann die Ehefrau nach Ablauf der Mietzeit wählen, ob sie gegen Entschädigung die Lagerhalle übernimmt oder ob sie deren Beseitigung verlangt. Nach Ablauf von 8 Jahren heben die Eheleute den Mietvertrag auf, die Ehefrau übernimmt die Lagerhalle gegen Entschädigung.

Der Kfz-Händler ist Empfänger der Bauleistungen. Er ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt. Eine Weiterlieferung der Lagerhalle an die Ehefrau findet zunächst nicht statt.

Die Ehefrau erhält die Verfügungsmacht erst nach 8 Jahren, wenn die Lagerhalle gegen Entschädigung auf die Ehefrau übergeht. Erst von da an ist sie auch in der Lage, die volle Sachherrschaft über die Halle auszuüben. Während der Mietzeit bleibt der wirtschaftliche Gehalt des Gebäudes ausschließlich bei ihrem Ehemann. Ihm stehen solange Nutzung und Ertrag zu.

Die Lieferung nach 8 Jahren unterliegt der Grunderwerbsteuer und ist daher nach § 4 Nr. 9a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Da die Veräußerung innerhalb des Berichtigungszeitraums von 10 Jahren erfolgt, ist § 15a UStG zu beachten.[11] Gegebenenfalls ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG nach § 9 UStG möglich.[12]

Wirtschaftliches Eigentum am Bauwerk

Wirtschaftliche Verfügungsmacht

Ein Übergang der Verfügungsmacht ist auch dann nicht anzunehmen, wenn der Besteller wirtschaftlicher Eigentümer[13] des Bauwerks wird, d. h. wenn er auf Dauer die wirtschaftliche Verfügungsmacht und die Sa...

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