OFD Cottbus, 08.01.1996, S 7300 - 0014 - St 244

Die Erschließung von Grundstücken ist grundsätzlich Aufgabe der Gemeinde (§ 123 Abs. 1 BauGB). Sie kann jedoch durch Vertrag auf Dritte übertragen werden (§ 124 Abs. 1 BauGB). Hierbei kommen insbesondere Erschließungs-, Bauträger- und Projektierungsgesellschaften in Betracht. Die Erschließung wird auf Kosten des Erschließungsträgers durchgeführt. Der Erschließungsträger ist vielfach Eigentümer der Grundstücke und veräußert die erschlossenen Grundstücke an Bauwillige und überträgt – entgeltlich oder unentgeltlich – die Erschließungsanlagen und Straßengrundstücke an die Gemeinde.

Zur Erschließung gehören alle Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, Grundstücke an Verkehrs-, Versorgungs- und Entsorgungsanlagen anzuschließen, um sie städtebaulich nutzbar zu machen (vgl. Schrödter, Kommentar zum BauGB, Anm. 3 zu § 123).

Zu den Erschließungsanlagen gehören die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze sowie die nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege), Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete sowie mit den vorstehenden Verkehrsanlagen in Zusammenhang stehende Parkflächen und Grünanlagen sowie Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ 127 Abs. 2 BauGB).

Darüber hinaus können weitere Erschließungsanlagen wie Be- und Entwässerungs- und Versorgungsanlagen für Strom, Gas, Wärme erstellt und übertragen werden (§ 124 Abs. 2 und § 127 Abs. 4 BauGB).

Eine Erschließung ist nach Bauplanungsrecht Voraussetzung für die Verwirklichung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung der Grundstücke, d. h. die Aufwendungen werden geleistet, um das Grundstück in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Durch eine Erschließung erhöht sich der Gebrauchswert und damit der Verkehrswert dieser Grundstücke beträchtlich (Erschließungsvorteil).

Erschließt eine Gemeinde in eigener Regie Grundstücke, werden dem Grundstückseigentümer Erschließungsvorteile (Nutzbarkeit als Bau- oder Gewerbegelände) gegen Aufwandsersatz zugewendet. Der Aufwandsersatz erfolgt durch Erschließungsbeiträge. Die Gemeinde ist in diesen Fällen mangels Unternehmereigenschaft nicht zum Vorsteuerabzug aus den Erschließungskosten berechtigt.

Bei der Übertragung der Erschließungsmaßnahme auf einen Erschließungsträger werden alle mit den Maßnahmen in Zusammenhang stehenden Verträge mit den ausführenden Bauunternehmern im Namen und für Rechnung des Erschließungsträgers ausgeschrieben und abgerechnet. Der Erschließungsvorteil kommt dem Erschließungsträger (Grundstückseigentümer) unmittelbar zugute.

Bei der anschließenden Übertragung der Erschließungsanlagen und der Straßengrundstücke auf die Gemeinde sind folgende Fallgestaltungen denkbar:

  1. der Erschließungsträger überträgt Anlagen und Straßengrundstücke unentgeltlich an die Gemeinde oder
  2. die Übertragung erfolgt entgeltlich an die Gemeinde und diese ist anschließend berechtigt von den späteren Grundstückseigentümern Erschließungsbeiträge i. S. v. § 127 BauGB zu erheben.

Hierzu bitte ich, folgende Auffassung zu vertreten:

zu a)

Soweit der Erschließungsträger von ihm erstellte Anlagen im Sinne des § 127 BauGB und Straßengrundstücke auf die Gemeinde unentgeltlich überträgt, ist diese Übertragung nicht steuerbar, weil die Gemeinde dafür keine Gegenleistung erbringt (Abschn. 1 Abs. 10 S. 4 UStR).

Die durch die Errichtung der Anlagen anfallenden Vorsteuern stehen in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Ausgangsumsätzen (Grundstücksverkäufen) des Erschließungsträgers, da sich der Wert der Grundstücke durch den Erschließungsvorteil erheblich erhöht hat. Ein Zusammenhang mit den unentgeltlichen Übertragungen ist dagegen nicht gegeben, da der Gemeinde kein Erschließungsvorteil zugewandt wird. Diese wird lediglich in die Lage versetzt, ihren gesetzlichen Verpflichtungen der Daseinsvorsorge nachzukommen und die gemeindliche Versorgung über die Erschließungsanlagen sicherzustellen (vgl. BMF-Schreiben vom 07.06.1977, IV A 2 – S 7100 – 58/77, UR 1977 S. 179).

Bei einer steuerpflichtigen Veräußerung der Baugrundstücke durch den Erschließungsträger ist der Vorsteuerabzug in vollem Umfang zu gewähren.

Werden Baugrundstücke umsatzsteuerfrei veräußert ist der Vorsteuerabzug in soweit zu versagen.

zu b)

Werden Erschließungsanlagen und Straßengrundstücke entgeltlich übertragen und anschließend ein Beitragserhebungsverfahren durch die Gemeinde durchgeführt, liegt

  • eine nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfreie Übertragung der Straßengrundstücke und
  • hinsichtlich der Erschließungsanlagen (einschließlich Erschließungsvorteil) ein steuerbarer und steuerpflichtiger Leistungsaustausch vor. Dem Erschließungsträger steht der Vorsteuerabzug aus den Erschließungskosten zu.

Sofern sonstige Erschließungsanlagen z. B. Anlagen zur Ableitung von Abwässern sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser (§ 127 Abs. 4 BauGB) auf gemeindliche Selbstversorgungsunternehmen übertrag...

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