Leitsatz

Die Änderung eines Umlageschlüssels durch einen auf § 16 Abs. 3 beruhenden Beschluss setzt voraus, dass aus dem Beschluss hinreichend konkret hervorgeht, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, die bisherige Kostenverteilung für künftige Abrechnungen zu ändern.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 3, § 21 Abs. 7

 

Das Problem

  1. Eine Wohnungseigentumsanlage – ein Hochhaus – umfasst über 400 Wohnungseigentumsrechte ("Alt- und Neuresidenzen") sowie einen Hotelbereich, der im Eigentum von Teileigentümer T steht. Das "Hotel" verfügt über knapp die Hälfte der Miteigentumsanteile. § 11 der Gemeinschaftsordnung regelt die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums.
  2. In einem Vertrag über die Kosten eines Pförtnereinsatzes und in einem Vertrag über die technische Betreuung schließen die Betreibergesellschaft des Hotels, die H. GmbH, und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Vereinbarungen. Die darin enthaltene Umlage der Kosten weicht von der Gemeinschaftsordnung ab. In dem Vertrag über die Kosten des Pförtnereinsatzes ist geregelt, dass die H. GmbH den Wohnungseigentümern die Lohnkosten für die Pförtner zuzüglich eines Aufschlags von 15 % auf die tatsächlichen Lohnkosten abzüglich eines Anteils von 37 % auf die so ermittelten Kosten zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung stellt. In dem Vertrag über die technische Betreuung ist geregelt, dass die Wohnungseigentümer ("Alt- und Neuresidenz") als Vergütung für den auf sie entfallenden Anteil an den in dem Vertrag geregelten Leistungen der H. GmbH monatlich brutto 13.250 EUR zahlen. Der Vertrag über die Kosten des Pförtnereinsatzes haben die Wohnungseigentümer durch bestandskräftigen Beschluss im letzten Jahrtausend genehmigt.
  3. Im Dezember 2015 fassen die Wohnungseigentümer unter TOP 4 folgenden Beschluss:

    Die technische Betreuung der gemeinschaftlichen Anlagen der Eigentümergemeinschaft ist im Jahr 2011 durch die M. GmbH erfolgt. Hierfür sind Kosten in Höhe von 275.146,44 EUR angefallen. Von diesen Kosten trägt die M. GmbH für ihre Sondereigentumseinheiten (Nr. 251, 252, 385) 125.583,33 EUR direkt, ohne Weiterberechnung an die Eigentümergemeinschaft. Die gegenüber der Eigentümergemeinschaft abgerechneten Kosten in Höhe von 149.563,11 EUR brutto werden von den Eigentümern der Alt- und Neuresidenzen (Sondereigentumseinheiten Nr. 1 bis 250, 253 bis 382 und 386 bis 461) getragen und unter diesen nach Miteigentumsanteilen verteilt.

    Und unter TOP 7 folgenden Beschluss:

    Die M. GmbH hat im Jahr 2011 Pförtnerdienstleistungen für die Eigentümergemeinschaft erbracht. Hierfür sind Kosten in Höhe von insgesamt 149.802,59 EUR angefallen. Von diesen Kosten trägt die M. GmbH für ihre Sondereigentumseinheiten (Nr. 251, 252 und 385) 51.971,03 EUR direkt ohne Weiterberechnung an die Eigentümergemeinschaft. Die gegenüber der Eigentümergemeinschaft abgerechneten Kosten in Höhe von 97.831,56 EUR brutto werden unter den Eigentümern der Alt- und Neuresidenzen (Sondereigentumseinheiten Nr. 1 bis 250, 253 bis 382 und 386 bis 461) nach Miteigentumsanteilen verteilt.

  4. Gegen diese Beschlüsse geht Wohnungseigentümer K vor. Das Amtsgericht erklärt den zu TOP 7 gefassten Beschluss für ungültig und weist die Klage im Übrigen ab. Das Landgericht erklärt auf die Berufung des K auch den Beschluss zu TOP 4 für ungültig. Mit der Revision will T die Abweisung der Klage erreichen. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Der Beschluss zu TOP 4

Der Beschluss zu TOP 4 widerspreche schon allein deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der darin zugrunde gelegte Umlageschlüssel nicht dem in der Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Umlageschlüssel entspreche und dieser Umlageschlüssel nicht geändert worden sei.

§ 21 Abs. 7 WEG: Kosten für eine besondere Nutzung

Eine Kompetenz, den Umlageschlüssel der Gemeinschaftsordnung für die technische Betreuung der Wohnungseigentumsanlage mit Stimmenmehrheit zu ändern, habe sich nicht aus § 21 Abs. 7 Fall 3 WEG ergeben.

  1. Die Kosten für die technische Betreuung der Wohnungseigentumsanlage stellten keine Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums dar. Besondere Nutzungen im Sinne von § 21 Abs. 7 WEG seien solche, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums einhergingen und zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich machten. Ob die Voraussetzungen der besonderen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums erfüllt seien, hänge maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.
  2. Die Auffassung des Landgerichts, es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die technische Betreuung der Wohnungseigentumsanlage durch Nutzungen notwendig werde, die mit einem über die gewöhnliche Nutzung hinausgehenden gesteigerten Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums im Zusammenhang stünden, lasse keine Rechtsfehler erkennen. Aus dem Umstand, dass einige technische Anlagen allen Eigentümern, andere nur den Eigentümern der "Alt- und Neuresidenzen" und wieder andere nur dem "Hotel" diente...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge