Der Ausschluss oder die Einschränkung des Auskunftsrechts nach § 1686 BGB stellt jedenfalls dann, wenn der betroffene Elternteil keine andere Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung des gemeinsamen Kindes zu informieren, einen schweren Eingriff in die grundgesetzlich garantierten Rechte des Kindes und in das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 1, 2 GG dar.

Eine solche Maßnahme ist, so das OLG Hamm[1], nur dann gerechtfertigt, wenn die akute Gefahr des Missbrauchs durch den Auskunftsberechtigten besteht und mildere Mittel zum Schutz des betroffenen Kindes nicht verfügbar sind.

Das OLG hat weiter erklärt:

"Ankündigungen, Fotografien der Kinder dafür zu nutzen, ihre Wohnanschrift ausfindig zu machen, bieten nur bei Hinzutreten weiterer Umstände eine akute Gefahr des Missbrauchs mit der Folge, im Rahmen der Auskunft aktuelle Fotos nicht übersenden zu müssen. Als milderes Mittel ist zu untersagen, Fotos der Kinder dritten Personen außerhalb des engsten Familienkreises zugänglich zu machen."

Zur Entscheidung des Gerichts:

Der Kindesmutter war in gesondertem vorangegangenem Verfahren die alleinige elterliche Sorge für die zum Zeitpunkt der Entscheidung 8, 10 und 13 Jahre alten Kinder übertragen worden. Das Umgangsrecht des Kindesvaters war wegen Gewalttätigkeit befristet ausgeschlossen worden. Die Kindesmutter und die Kinder leben seit der Trennung unter dem Kindesvater nicht bekannter Anschrift.

Die Parteien streiten hier um den Umfang des Auskunftsanspruchs des Kindesvaters nach § 1686 BGB, namentlich um die erstinstanzlich ergangene Verpflichtung der Kindesmutter, jeweils halbjährlich auch aktuelle Fotos zu übersenden.

Im Ergebnis sind im Rahmen der Auskunft u. a. auch Fotos zu übersenden, allerdings mit der Auflage, diese nicht außerhalb des engsten Familienkreises bekannt zu machen.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass die nachhaltige Ablehnung des Kindesvaters durch die Kinder auch nach Ablauf der Frist zum Ausschluss des Umgangs dazu führt, dass keine realistische Chance des Antragstellers zur Kontaktaufnahme mit den gemeinsamen Kindern besteht. Die Ablehnung sei beachtlich, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der von den Kindern geäußerte Wille nicht die wirklichen Bindungsverhältnisse der Kinder aufzeige und auch nicht zu erwarten sei, dass der Widerstand der Kinder durch geeignete erzieherische Maßnahmen in absehbarer Zeit überwunden werden könne.

Besteht danach ein berechtigtes Interesse an der Auskunft nach § 1686 BGB, sind, so das OLG Hamm, zweimal jährlich Berichte über den Gesundheitszustand der Kinder und über die schulischen Leistungen durch Vorlage von Schulzeugnissen sowie aktuelle Fotos zu übersenden.

Der Kindesvater hat unstreitig gegenüber dem Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung zum Sorgerechtsverfahren geäußert, er werde die Fotos an Medien versenden, wenn er die Kinder nicht sehen könne und hat dies im Scheidungsverfahren wiederholt. Er hat sich weiter im laufenden Umgangsverfahren an einen türkischen TV-Sender gewandt, um über die Trennung von seiner Frau und den Kindern zu berichten.

Das OLG Hamm erklärt dazu, selbst – von der Kindesmutter geschilderte und vom Kindesvater bestrittene – Aufrufe in TV-Sendungen, Personen mögen sich melden, die die Antragsgegnerin und die gemeinsamen Kinder kennen, ließen ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht darauf schließen, dass er Fotografien der Kinder zu deren Nachteil in den Medien veröffentlichen würde.

Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sind mildere Mittel zu suchen. Der Eingriff in das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG durch Verweigerung auch nur eines Teils des Auskunftsanspruches ist nur dann gerechtfertigt, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen.

Ein solches milderes Mittel ist die Untersagung, die zugesendeten aktuellen Fotos der gemeinsamen Kinder dritten Personen außerhalb des engsten Familienkreises (Großeltern der Kinder, Onkel, Tanten und deren Kinder), insbesondere der Öffentlichkeit, zugänglich zu machen.

 
Hinweis

Praxishinweis:

  1. Der EuGHMR hat in vielen Entscheidungen klargestellt, in welch starkem Maße das Recht des Kontakts zwischen Eltern und Kindern unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1, 2 GG steht.

    Kann, wie im entschiedenen Fall, der Kontakt nicht ausgeübt werden, soll § 1686 BGB dem betroffenen Elternteil die Möglichkeit geben, sich vom körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung zu überzeugen. Das OLG Hamm stellt mit der Entscheidung klar, in welch engen Grenzen ein Ausschluss oder auch eine Einschränkung dieses – verbliebenen – Anspruchs auf Auskunft möglich ist.

    Wer als verpflichteter Elternteil den Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB angreifen will, muss sich daher immer auch mit der Möglichkeit eines milderen Mittels als des Ausschlusses auseinandersetzen. Dies korrespondiert mit allen anderen Teilbereichen elterlicher Verantwortung für gemeinsame Kinder. Im Rahmen der elterlichen Sorge ist als "milderes Mittel" die Teilübertragung, z. B. des Aufenthaltsbes...

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