Es liegt auf der Hand, dass der Verlust des Zusammenseins mit einem Elternteil vom Kind als Verlust dieser "primären Bezugsperson" empfunden wird, der schwierig zu verkraften ist und häufig zu seelischen Verletzungen führt, die bis in das Erwachsenenalter heranreichen.

Es geht bei der Ausrichtung der Betreuungszeiten deshalb darum, solche Verletzungen nach Möglichkeit zu vermeiden.

Immer mehr Eltern entscheiden sich inzwischen für ein alternierendes oder paritätisches Betreuungsmodell.

Im Gegenzug ist natürlich ein gewisses Maß an Koordination erforderlich. Kontakte zwischen den Eltern sind unumgänglich, Absprachen auch zu Alltagsentscheidungen notwendig.

Dies betrifft allerdings in ähnlichem Umfang auch Betreuungsmodelle, bei denen das Kind ganz überwiegend bei einem Elternteil lebt (Residenzmodell).

In der Judikatur wird dem gegenüber häufig in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Einrichtung bzw. Anordnung eines alternierenden oder paritätischen Betreuungsmodells "hohe Anforderungen an die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit" stellt.[1] Daher sei die Anordnung des Wechselmodells ohne entsprechenden Konsens der Eltern nicht möglich.[2]

Damit werden die Anforderungen zum Verhalten der Eltern bei weitem überspannt. Es bleibt ausschließlich erforderlich, dass Eltern – wie regelmäßig zu erwarten ist – nicht respektlos, würdelos und voller Spannungen und Streit unter Einbeziehung des Kindes und unter Verweigerung vernünftig gestalteter Kommunikation miteinander umgehen (sog. Negativprüfung).[3]

Es ist zum Elternverhalten also lediglich zu fragen, ob der Kontakt zueinander negativ vom üblichen, erwartbaren Verhalten abweicht und dadurch das Wohl des Kindes gefährdet wird.

[1] OLG Düsseldorf, FuR 2011, 425 m. w. N.
[2] OLG Jena, FamRZ 2016, 2126; OLG Jena, FamRZ 2016, 2122; OLG Schleswig, FamRZ 2016, 1945; OLG Brandenburg, FamRZ 2016, 1473; OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1736; KG, FamRZ 2015, 1919; OLG Koblenz, FamRZ 2015, 1911; OLG Saarbrücken, FamRZ 2015, 62; Völker/Clausius, FamRMandat § 1 Rn. 321.
[3] Vgl. dazu BVerfG, Beschluss v. 22.1.2018, FF 2018, 154.

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