In der Vorschrift zum Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen als den Eltern nach § 1685 BGB wird auf eine abschließende Aufzählung der umgangsberechtigten Dritten verzichtet.[1]

Wenn in § 1685 Abs. 1 BGB die Großeltern und Geschwister als Umgangsberechtigte hervorgehoben werden, so bedeutet das lediglich, dass dieser Gruppe von Verwandten ein Recht auf Umgang auch zustehen kann, wenn sie keine engen Bezugspersonen des Kindes sind oder waren und wenn sie mit dem Kind zu keinem Zeitpunkt in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben.[2]

Umgekehrt brauchen die Umgangsberechtigten gem. § 1685 Abs. 2 BGB mit dem Kind überhaupt nicht verwandt zu sein, müssen dafür aber enge Bezugspersonen sein und in einer sozial-familiären Beziehung zu dem Kind gestanden haben.

Voraussetzung für ein Umgangsrecht nach dieser Vorschrift ist die Kindeswohldienlichkeit.[3] Das Umgangsrecht muss sich positiv auf das Kind auswirken. Es ist Sache des/der Antragsteller, diese Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Wenngleich beispielsweise die Umgangskontakte der Großeltern grundsätzlich dem Wohl des Kindes förderlich sein dürften, kann dies nicht angenommen werden, wenn das Verhältnis der Eltern zu den Großeltern massiv gestört ist. Für die Kinder kann es nicht förderlich sein, diesem Konflikt ausgesetzt zu werden.

Gemäß § 1685 Abs. 2 BGB muss die Bezugsperson mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben. Eine vorübergehende Beziehung mit nur sporadischen Kontakten zu dem Kind reicht nicht aus.[4]

Der Gesetzgeber hat offen gelassen, welche Zeitspanne die Person mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft zusammen gelebt haben muss. Abzustellen ist auf das Alter des Kindes und das Zeitempfinden in der jeweiligen Altersstufe. In der Regel wird man ab 6 Monaten von einer längeren Zeit ausgehen können.

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 9.2.2005 die Voraussetzungen einer sozial-familiären Beziehung und den Geltungsbereich des § 1685 Abs. 2 BGB umrissen.

Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

  • Der Antragsteller ist der leibliche Vater der 1996 geborenen I. Die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt der I und ist jetzt noch mit einem anderen Mann verheiratet. Der Antragsteller hat sich seit der Geburt, spätestens aber seit August 1997 um I gekümmert. Er hat mit der Kindesmutter von August 1997 bis September 1998 zusammen gelebt. Er begehrt von der Kindesmutter und ihrem Ehemann die Einräumung eines Umgangsrechts, nachdem er nach der Trennung von der Kindesmutter zunächst weiterhin Umgang – teilweise kurzfristig unterbrochen – bis Juli 1999 gehabt hat. Das AG und das KG haben seinen Umgangsrechtsantrag zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hat der BGH die Sache an das KG zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

Im vorliegenden Fall ist § 1685 in der Fassung vom 1.4.2002 anwendbar. Da die Neuregelung keine Übergangsvorschriften enthält, gilt sie für bestehende Verhältnisse ebenso wie für anhängige Umgangsrechtsverfahren.

Das Rechtsbeschwerdegericht muss bei der Entscheidung geltendes Recht anwenden, selbst wenn das Gericht der Vorinstanz dieses nicht anwenden konnte.[5]

Bei Anwendung von § 1685 BGB n. F. kann ein Umgangsrecht des Antragstellers nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Denn er hat – dies ergibt sich aus der Vermutung des § 1685 Abs. 2 Satz 2 BGB n. F. – für I tatsächliche Verantwortung getragen, da er über ein Jahr lang mit der Kindesmutter zusammen gelebt hat. Er hat auch nach der Trennung von der Mutter weiter Kontakt zu I gehabt.

Für die Umgangsberechtigung ist es unerheblich, dass seit August 1999 kein Kontakt mehr bestanden hat. Voraussetzung des Umgangsrechts ist kein aktuell persönlich-vertrauter Bezug des Kindes zu der Umgang begehrenden Person.

  • Hinweis: Der Gesetzgeber hat offen gelassen, welche Zeitspanne die Person mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft zusammen gelebt haben muss. Abzustellen ist auf das Alter des Kindes und das Zeitempfinden in der jeweiligen Altersstufe. In der Regel wird man ab 6 Monaten von einer längeren Zeit ausgehen können.[6]

Zu den Kosten des Umgangs fehlt eine gesetzliche Regelung, die allerdings wünschenswert wäre.

Zur Klärung dieser Frage sind deshalb die Regelungen des Unterhaltsrechts heranzuziehen: Die rechtlichen Eltern schulden ihren Kindern auch für die Zeit des Umgangs nach §§ 1685, 1686a BGB angemessenen Unterhalt, § 1360 BGB bzw. §§ 1601, 1606, 1610 BGB. Der Umgangsberechtigte genießt sein Umgangsrecht also insoweit kostenfrei. Er hat lediglich seinen eigenen umgangsbedingten Mehraufwand zu tragen.

Diese Grundsätze gelten, soweit nichts anderes zwischen den Beteiligten vereinbart wird, auch für Reisekosten.

[1] OLG Braunschweig, FamRZ 2021, 195; vgl. auch EuGHMR, FamRZ 2021, 194 zum Umgang der intendierten, nicht rechtlichen Mutter, die mit dem Kind und seiner Mutter viereinhalb Jahre zusammengelebt hat.
[2] OLG Bremen, FuR 2021, 203.
[4] OLG ...

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