1 Einführung

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird zwischen Eigentum und Besitz häufig nicht unterschieden. So wird etwa von Immobilienbesitz gesprochen, obwohl das Immobilieneigentum gemeint ist. Zwischen beiden bestehen aber ganz erhebliche Unterschiede, die für das Nachbarrecht von Bedeutung sind.

Eigentum

Das Eigentum ist das umfassendste Recht zur tatsächlichen (Bebauung, Bepflanzung) und zur rechtlichen (Belastung, Veräußerung) Herrschaft über ein Grundstück. Der Eigentümer kann nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich grundsätzlich mit seinem Grundstück nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (§ 903 BGB).

Der Freiheit, mit seinem Grundeigentum nach Belieben schalten und walten zu können, sind insbesondere Grenzen durch das private und das öffentliche Nachbarrecht gezogen. So darf etwa nach dem Nachbarrecht ein Grundstück nicht bis an die Grenze bebaut oder mit Bäumen bepflanzt werden. Das Eigentumsrecht findet auch dort seine Grenzen, wo Rechte Dritter entgegenstehen. So muss es etwa der Grundeigentümer hinnehmen, dass der Nachbar, dem ein Notwegrecht zusteht, über sein Grundstück fährt. Schließlich riskiert der Grundeigentümer, von dessen Grundstück etwa unzuträgliche Geruchs- oder Lärmbelästigungen für die umliegenden Grundstücke ausgehen, mit einer Beseitigungsklage und bei Wiederholungsgefahr mit einer Unterlassungsklage des Nachbareigentümers überzogen zu werden (§§ 906, 1004 BGB).

Besitz

Im Gegensatz zum Eigentum ist der Besitz (§§ 854 ff. BGB) kein rechtliches, sondern ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über eine Sache. Entscheidend ist hier die sog. Sachherrschaft. So ist der Mieter oder Pächter zwar Besitzer, nicht aber Eigentümer. Er kann deshalb das Miet- oder Pachtobjekt im Rahmen seiner vertraglichen Vereinbarungen zwar nutzen, nicht aber über dieses etwa durch Belastung oder Verkauf rechtlich verfügen.

Gleichwohl gewährt auch der Besitz eine von der Rechtsordnung geschützte Rechtsposition. So kann sich auch der Grundstücksbesitzer auf Nachbarrechte berufen, soweit diese nicht ausdrücklich dem Grundeigentümer vorbehalten sind. Dies betrifft etwa den Baugrubenaushub auf einem Nachbargrundstück, gegen den sich nicht nur der Eigentümer, sondern auch der Besitzer des in seiner Standsicherheit gefährdeten Hauses zur Wehr setzen kann (§ 909 BGB). Auch kann sich der Wohnungsmieter oder Grundstückspächter gegen Störungen, etwa durch Geruchs- oder Lärmbelästigungen, aus der Nachbarschaft aus eigenem Recht wehren und auf Beseitigung der Störung sowie bei Besorgnis weiterer Störungen auf Unterlassung klagen (§§ 906, 862 Abs. 1 BGB).

Abgesehen davon ist es rechtlich zulässig, dass der Grundeigentümer den Nutzungsberechtigten ermächtigt, seine Eigentümerrechte aus dem Nachbarrecht gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen. Dies betrifft etwa das Selbsthilferecht des Grundeigentümers, über die Grundstücksgrenze wachsende Wurzeln oder Zweige abschneiden zu dürfen (§ 910 BGB). Es kommt also auf den jeweiligen Konfliktfall an, ob der Besitzer aus eigenem oder abgeleitetem Recht Ansprüche nachbarrechtlicher Art geltend machen kann.

2 Zum Grundstücksbegriff des BGB

Unter Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Rechts wird derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche verstanden, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist (§ 3 Grundbuchordnung).

Sämtliche Grundstücke werden außerdem in einem amtlichen Verzeichnis, dem sog. Liegenschaftskataster, geführt. Vermessungstechnische Buchungseinheit des Liegenschaftskatasters ist das Flurstück. Ein Grundstück kann aus einem oder mehreren Flurstücken bestehen.

3 Das Eigentum an Grundstücken

Das Recht des Grundeigentümers beschränkt sich nicht nur auf die katastermäßig erfasste Bodenoberfläche, sondern auch auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche (§ 905 Satz 1 BGB). Das Grundstück ist also so gesehen keine Fläche, sondern hat eine Körpergestalt, deren Spitze theoretisch mit dem Erdmittelpunkt zusammenfällt. Der Grundeigentümer kann deshalb – vorbehaltlich öffentlich-rechtlicher Vorschriften vor allem des Baurechts – den Erdkörper unter der Grundstücksfläche (etwa durch den Bau von Kellergeschossen oder Tiefgaragen) ebenso nutzen wie den Luftraum über der Grundstücksfläche (etwa durch Hochbauten oder Windenergieanlagen).

Soweit das Grundeigentum an der Körpergestalt des Grundstücks reicht, kann der Eigentümer Einwirkungen anderer verbieten (§ 903 BGB). Gegen seinen Willen darf deshalb weder sein Grundstück untergraben noch ein Balkon am Nachbargebäude angebracht werden, der in den Luftraum seines Grundstücks hineinragt.

4 Vom Grundeigentum nicht erfasste Bereiche

4.1 Das Grundwasser

Das Grundeigentum am Erdkörper unter der Grundstücksfläche erstreckt sich wegen dessen besonderer Bedeutung für die Allgemeinheit nicht auf das Grundwasser. Dieses ist vielmehr, wie die Gewässer insgesamt, einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt (§ 1a Wasserhaushaltsgesetz).

Wer deshalb als Grundeigentümer für den Betrieb einer ...

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