OFD Niedersachsen, 21.2.2017, S 2241 a - 96 - St 222/St 221

Bezug: BFH-Urteil vom 16.10.2008, IV R 98/06 (BStBl 2009 II S. 272)

 

I. Allgemeines:

Der BFH hat mit Urteil vom 14.5.1991, VIII R 31/88 (BStBl 1992 II S. 167) entschieden, dass bei der Ermittlung des Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 EStG das – positive und negative – Sonderbetriebsvermögen außer Betracht zu lassen ist. Das Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG setzt sich aus dem Kapitalkonto des Gesellschafters in der Steuerbilanz der Gesellschaft und dem Mehr- oder Minderkapital aus einer etwaigen positiven oder negativen Ergänzungsbilanz des Gesellschafters zusammen, vgl. ESt-Kartei ND § 15a EStG Nr. 1 m.w.H. und BMF-Schreiben vom 30.5.1997, BStBl 1997 I S. 627 (Anhang 29 II EStH 2015). Die zum Sonderbetriebsvermögen I des Gesellschafters gehörende Darlehensforderung ist nicht in das Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG einzubeziehen; das Sonderbetriebsvermögen bleibt somit für das Verlustausgleichsvolumen i.S. des § 15a Abs. 1 EStG ohne Bedeutung, vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1998, VIII R 78/97, BStBl 1999 II S. 163.

In der Regel werden in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft mehrere Kapitalkonten mit unterschiedlichen Bezeichnungen geführt. Dabei ist zwischen Kapitalkonten i.S. des § 15a Abs. 1 EStG (Eigenkapital) und Darlehnskonten der Gesellschafter (Fremdkapital) zu unterscheiden. Diese Unterscheidung hat beim beschränkt haftenden Gesellschafter Auswirkungen auf den Umfang seines Kapitalkontos i.S. des § 15a Abs. 1 EStG und damit auf das Verlustausgleichsvolumen.

Ein Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG liegt immer dann vor, wenn auf diesem Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. In diesem Fall werden „stehen gelassene” Gewinne wie eine Einlage behandelt und spätere Verluste mindern den Kapitalanteil des beschränkt haftenden Gesellschafters und nicht eine Forderung gegen die Gesellschaft, vgl. BFH-Urteil vom 28.3.2000, VIII R 28/98, BStBl 2000 II S. 347. Für die Abgrenzung ist entscheidend, ob das Konto durch Teilhabe an Verlusten der Gesellschaft der gesamthänderischen Bindung unterliegt, vgl. BFH-Urteil vom 7.4.2005, IV R 24/03, BStBl 2005 II S. 598. Mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung des Gläubigers grundsätzlich nicht vereinbar, vgl. BFH-Urteil vom 27.6.1996, IV R 80/95, BStBl 1997 II S. 36. Es ist auch dann von einem Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG auszugehen, wenn das Konto im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens eingeht und auf dem betreffenden Konto eine Entnahmebeschränkung besteht.

 

II. Zusammenstellung der Merkmale für die Abgrenzung zwischen Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG und Darlehenskonto des Gesellschafters (beispielhafte Aufzählung):

Kapitalkonto Darlehenskonto
Das Guthaben auf dem Konto kann durch Verbuchung von Verlusten gemindert werden. Das Guthaben auf dem Konto kann nur nach den Regelungen der §§ 362 bis 397 BGB (= Regelungen über das Erlöschen von Schuldverhältnisse) untergehen.
Im Rahmen des Jahresabschlusses sind die Darlehenskonten mit den (Verlustverrechnungs-)Kapitalkonten zu saldieren. Der Gesellschafter hat Anspruch auf die Forderung und sie kann im Liquidationsfall angefordert oder im Insolvenzfall angemeldet werden.
Gewinne werden zusammen mit Verlusten auf einem separaten Konto gutgeschrieben oder sind im Grundsatz nicht entnahmefähig. Im Fall von Drei- bzw. Vier-Konten-Modellen werden Gewinne nach Erbringung der Hafteinlage einem separaten Konto gutgeschrieben (§ 169 HGB) und stehen im Grundsatz zur Auszahlung bzw. Entnahme – ggf. mit Einschränkungen – zur Verfügung.
Das Konto wird bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens im Falle des Ausscheidens des Gesellschafters bzw. Liquidation einbezogen und es besteht eine Entnahmebeschränkung.  
Das Guthaben verschafft zusätzliche Stimm- bzw. Mitwirkungsrechte.  
  Bezüglich des Guthabens bestehen zwar keine gesonderten Abmachungen über Zinsen, Fälligkeit und Absicherung, das Kontoguthaben ist aber im Grundsatz jederzeit entnahmefähig.

Hinweis:

Diese Abgrenzung ist insbesondere für Darlehens- bzw. Verrechnungskonten im Rahmen von Drei- bzw. Vier-Konten-Modellen von Bedeutung, welche häufig Fremdkapital darstellen:

Die Bezeichnung der Kapital- bzw. Gesellschafterkonten ist nicht maßgeblich. Führt eine Gesellschaft mehrere Konten mit verschiedenen Bezeichnungen (z.B. Privatkonto, Verrechnungskonto, Darlehenskonto, etc.), ist anhand des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln, welche zivilrechtliche Rechtsnatur (Eigenkapital oder Fremdkapital) die jeweiligen Konten haben. Für eine Änderung der Kapitalkontenstruktur ist stets eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich. Diese hat in der Regel schriftlich zu erfolgen.

Werden Buchungen abweichend vom Gesellschaftsvertrag vorgenommen, muss entweder der Gesellschaftsvertrag geändert worden sein oder es muss eine Fehlbuchung vorliegen. Eine jahrelang vom Gesellschaftsvertrag abweiche...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge