Leitsatz

Bei Bonitätszweifeln kann der veräußerungszustimmungsverpflichtete Verwalter auch eine Bilanzvorlage einer Kaufinteressentin als Vorbedingung zu einer bzw. seiner Zustimmungsentscheidung fordern

 

Normenkette

§ 12 WEG

 

Kommentar

  1. Noch vor Kaufvertragsabschluss hatte der Verwalter eine Auskunft der Kreditreform über das Unternehmen der Käuferin eingeholt, die zum Ergebnis führte, dass "eine fundierte Bonitätsprüfung dieser Firma derzeit nicht möglich sei". Daraufhin forderte der Verwalter noch vor dem Kauf vom klagenden Veräußerer weitere Bonitätsnachweise über die Käuferfirma. Vorgerichtlich hatte der Verwalter vom Verkäufer auch eine weitere Wirtschaftsinformation mit Hinweisen erhalten, dass zum Unternehmen der Käuferin "nicht genügend Lieferantenerfahrung" vorliege; zum Zahlungsverhalten der Kaufinteressenten hieß es allerdings, "die Firma zahle vereinbarungsgemäß und zum Zahlungsindex sei ein Wert von 80 angegeben". Unter "Risikoeinschätzung" war jedoch vermerkt, dass „das Ausfallrisiko des Unternehmens als überdurchschnittlich hoch eingestuft werde (bei einem Score von 11 von 100). Verluste hätten auch in der zuletzt vorliegenden Bilanz eine Herabstufung bewirkt; weiterhin müssten auch die Branche des Unternehmens sowie ihr Firmensitz als negativ bewertet werden. In seiner Zustimmungsklage berief sich der Veräußerer allerdings auf eine ausreichende positive Bonitätsabfrage.
  2. Selbst eine verwalterseits bereits vor Vertragsabschluss erteilte Zustimmung kann jedenfalls bis zum Abschluss des Vertrags gemäß § 183 Satz 1 BGB widerrufen werden (vgl. OLG Hamburg, ZWE 2011 S. 408). Hinsichtlich endgültiger Zustimmung kann ein Verwalter insoweit auch vorab weitere Informationspflichten des Veräußerers zur Vorbedingung der Erteilung seiner Zustimmung machen (vgl. ebenfalls OLG Hamburg, ZMR 2004 S. 850, KG, ZMR 1990 S. 68 und OLG Köln, WE 1996 S. 1296). Nicht verpflichtet ist der Verwalter jedoch zur Einholung eigener Auskünfte oder sonstiger Nachforschungen (h.M.). Insoweit muss ein Veräußerer dem Verwalter die für dessen Entscheidung taugliche Entscheidungsgrundlage verschaffen. Vorliegend war die Forderung des Verwalters auf Bilanzvorlage auch im Hinblick auf die bisher eingeholten Wirtschaftsauskünfte durchaus berechtigt. Solche Informationen des Veräußerers ermöglichen dem Verwalter erst eine abschließende Entscheidung im Interesse der Gesamtgemeinschaft. Im vorliegenden Fall war offensichtlich auch von erhöhtem Zahlungsausfallrisiko der Käuferfirma auszugehen. Die Forderung des Verwalters erfolgte im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Prüfungspflichten.
 

Link zur Entscheidung

AG Bergheim, Urteil vom 02.08.2013, 29a C 98/12AG Bergheim v. 2.8.2013, 29a C 98/12

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