Leitsatz

Geschiedene Eltern stritten um die elterliche Sorge für ihre beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder, die seit dem Auszug des Vaters aus der ehelichen Wohnung im Haushalt ihrer Mutter lebten. Die Mutter war im September 2009 mit ihnen zu ihrem neuen Lebensgefährten gezogen.

Der Antragsteller war wieder verheiratet und seine Frau hatte drei Kinder mit in die Ehe gebracht. Außerdem hatte der Antragsteller mit seiner neuen Partnerin einen im Januar 2009 geborenen gemeinsamen Sohn.

Die beiden aus der Ehe der Parteien hervorgegangenen Kinder litten unter auditiven Wahrnehmungsstörungen und besuchten eine Sprachförderungsschule. Eines der Kinder war zudem in regelmäßiger psychologischer Behandlung.

Beide Eltern hatten die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich beantragt. Das FamG hat dem Antragsteller die elterliche Sorge übertragen.

Gegen diese Entscheidung legte die Kindesmutter Beschwerde ein und verfolgte ihren Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge weiter.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Beschwerde der Mutter für unbegründet.

Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Antragsteller entspreche auch nach Einschätzung des Senats dem Kindeswohl am besten. Nach den Feststellungen der Sachverständigen sei der Antragsteller aufgrund seiner persönlichen Voraussetzungen besser geeignet, die Kinder zu fördern und zu erziehen.

Gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin und die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes der Kinder bei ihr spreche, dass es ihr nicht gelungen sei, ihre negativen Erfahrungen aus der gescheiterten Ehe mit dem Antragsteller zu verarbeiten und sie die Kinder mit diesem Konflikt belaste. Nach den Feststellungen der Sachverständigen empfinde sie dem Antragsteller gegenüber Hass und sei unfähig, zwischen Partnerschaft und Elternschaft zu trennen. Sie vermittle gegenüber den Kindern ein negatives Vaterbild, in dem sie den Vater gegenüber den Kindern schlecht mache. Zugleich habe sie über Jahre hinweg den direkten Kontakt der Kinder mit dem Vater zu verhindern versucht, indem sie die begleiteten Umgangskontakte habe scheitern lassen. Durch dieses Verhalten gerieten die Kinder in einen massiven Loyalitätskonflikt, der insbesondere bei einem der Kinder zu einer starken psychischen Belastung bis hin zu einer depressiven Entwicklung geführt habe. Die Mutter sei nicht in der Lage, die negativen Auswirkungen ihres Verhaltens zu erkennen und sich entsprechend zu ändern.

Demgegenüber sei der Antragsteller nach Einschätzung der Sachverständigen besser geeignet, die emotionalen Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und angemessen auf sie zu reagieren. Zwar bestehe zwischen den Kindern und dem Vater sowie dessen Ehefrau und den weiteren Kindern noch kein enger Kontakt. Dies sei im Wesentlichen auf den von der Antragsgegnerin restriktiv gehandhabten Umgang zurückzuführen.

Der besondere Förderungsbedarf der Kinder in schulischer Hinsicht stehe einem Wechsel zum Vater nicht entgegen. Der Besuch einer Sprachheilschule am Wohnort des Vaters sei weiterhin gewährleistet.

Dem von beiden Kindern geäußerten Wunsch, bei der Mutter bleiben zu wollen, sei kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Beide Kinder befänden sich in einem von der Mutter hervorgerufenen massiven Loyalitätskonflikt und seien nicht in der Lage, ihre Wünsche losgelöst hiervon zu äußern. Dies zeige sich auch in den von der Sachverständigen beobachten Verhaltensweisen der Kinder.

Der Anregung der Sachverständigen, das Sorgerecht zunächst auf das Jugendamt zu übertragen, schloss sich das OLG nicht an. Hierdurch würde weiter der zu einer Instabilisierung der Kinder führende derzeitige Zustand auf längere Zeit perpetuiert werden. Auch stehe zu befürchten, dass die Mutter ihr Verhalten, den Vater gegenüber den Kindern schlecht zu machen und ihn vom Leben der Kinder auszuschließen, fortsetzen und weiter intensivieren werde. Dieses Verhalten schade jedoch den Kindern massiv und stehe insbesondere der Förderung des angestrebten Wechsels zum Vater entgegen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.02.2010, 15 UF 114/09

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