Leitsatz

  1. Bestellte Verwalterin kann nicht die gesamte Verwalteramtsführung an ihren Ehemann übertragen
  2. Ihre Wiederbestellung widerspricht damit Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung
  3. Ihr Handeln im Rahmen laufender Verwaltung (auch Anwaltsbeauftragung für die Beklagten im Beschlussanfechtungsverfahren) wird allerdings durch spätere Aufhebung des Wiederbestellungsbeschlusses nicht unberechtigt
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 26 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Eine vorliegend (wieder-)bestellte Verwalterin genügt nicht den an sie gestellten Anforderungen im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sie nicht willens oder fähig ist, ihre Kernbereichsaufgaben als Verwalterin zu erfüllen. Die mit der besonderen Vertrauensstellung verbundene Höchstpersönlichkeit eines Verwalteramts erfordert es, dass eine Verwaltung im Kernbereich ihrer Tätigkeit verantwortlich bleiben muss; dies schließt eine vollständige Delegation auf eine andere Person (hier: ihren Ehemann) aus. Insoweit handelt es sich um unverzichtbare Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts, die weder durch vertragliche Regelungen noch durch einen bloßen Mehrheitsbeschluss wirksam abbedungen werden können. Nach unbestrittener Meinung kann sich eine bestellte Verwaltung allein im Rahmen ihrer Aufgaben der Unterstützung von Hilfspersonen bedienen, Kernaufgaben allerdings nicht ohne Zustimmung der Eigentümer ganz oder teilweise auf Dritte übertragen. Höchstpersönliche Amtsführung folgt hier aus der Vertrauensstellung einer jeden gewählten Verwaltung. Entscheidend ist im Fall einer Delegation einzelner Pflichten, ob die bestellte Verwaltung Weisungsbefugnis behält (was vorliegend zu verneinen war, da praktisch jahrelang der Ehemann die Geschäfte als sog. Scheinverwalter und "alleiniger Sachbearbeiter" führte und somit von faktischer Vollübertragung der Amtsführung auszugehen war).
  2. Das bisherige Handeln der Verwalterin im Rahmen laufender Verwaltung wird allerdings durch die Aufhebung des Wiederbestellungsbeschlusses nicht unberechtigt, sondern bleibt weiterhin wirksam. Hierzu gehörte auch Auftragserteilung an einen Rechtsanwalt auf Beklagtenseite im Anfechtungsprozess; die gesetzliche Vertretungsbefugnis ergibt sich insoweit aus § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG (vgl. BGH, NJW 2009 S. 2135, NJW 2009 S. 3168 und NJW 2011 S. 3723). § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG enthält eine gesetzliche Vermutung, dass die Führung von Passivprozessen nach § 43 Nr. 1, 4 und 5 WEG eine objektiv erforderliche Maßnahme zur Nachteilsabwehr darstellt und damit einem Verwalter gesetzliche Vertretungsbefugnis verleiht, auch zur Bestellung eines Prozessbevollmächtigten der Anfechtungsbeklagten. Auf die Frage der Wirksamkeit eines vorliegenden "Dauerermächtigungsbeschlusses" kommt es vorliegend nicht an (gültigkeitsbejahend insoweit LG Düsseldorf, ZMR 2009 S. 712; a.A. Merle in Bärmann-Ktr., § 27 Rn. 156). § 45 WEG ist im Übrigen nur insoweit Spezialnorm zu § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG, als es um die Zustellung der Klage selbst geht, wogegen es für Zustellungen nach Rechtshängigkeit bei der Zustellungsvertretung des Verwalters und auch seiner gesetzlichen Prozessvertretung verbleibt (Klein in Bärmann-Ktr., § 45 Rn. 2 und 5; a.A. Spielbauer, 2. Aufl., § 27 Rn. 24).
 

Link zur Entscheidung

LG Karlsruhe, Urteil v. 7.8.2012, 11 S 180/11

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