Leitsatz

In dieser Entscheidung befasst sich der BGH mit der Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung. Hierbei ging es um den Übergang des Unterhaltsanspruchs des Unterhaltsberechtigten im Umfang seiner nach dem SGB II bezogenen Leistungen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Kindesunterhalt für die Zeit von März 2008 bis Januar 2009 in Anspruch.

Der Beklagte war der Vater eines im Jahre 1998 geborenen Kindes, das bei seiner Mutter lebte. Die Klägerin erbrachte für die Mutter und das Kind sowie einen weiteren Sohn in dem streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte zahlte für das Kind in dem streitgegenständlichen Zeitraum von März 2008 bis Januar 2009 monatlichen Unterhalt von 204,52 EUR. Während des streitgegenständlichen Zeitraums hatte er im Übrigen das 66. Lebensjahr vollendet.

Erstinstanzlich hat der Beklagte Teilbeträge anerkannt. Das AG hat ihn im Umfang des Anerkenntnisses verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG den Beklagten zur Zahlung von monatlich 156,48 EUR für März bis Dezember 2008 und von 151,48 EUR für Januar 2009 verurteilt.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Das Rechtsmittel erwies sich als überwiegend begründet.

 

Entscheidung

Der BGH hat zunächst bestätigt, dass die zum 1.1.2009 in Kraft getretene Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II wegen Fehlens einer Übergangsregelung nicht auf davor liegende Zeiträume und bis dahin abgeschlossene Sachverhalte aus der Zeit vor dem 1.1.2009 angewandt werden dürfe. Ein Anspruchsübergang vor Januar 2009 scheide daher aus, da es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehle.

Nach § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II finde ein Anspruchsübergang auch statt, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld nach § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II keine SGB II-Leistungen empfangen hätten und bei rechtzeitiger Leistung des anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären. Damit sei - anders als nach der bis zum 1.1.2009 geltenden Rechtslage - nicht mehr allein maßgebend, in welcher Höhe dem ursprünglichen Inhaber des Unterhaltsanspruchs wegen ausgebliebener Unterhaltszahlungen tatsächlich Leistungen nach dem SGB II gewährt worden seien. Die Regelung, der ersichtlich fiskalische Interessen zugrunde lägen, stelle eine Ausnahme von dem Grundsatz der Personenidentität zwischen dem ursprünglichen Inhaber des Unterhaltsanspruchs und dem Hilfeempfänger nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II dar.

Voraussetzung für den Anspruchsübergang nach § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II sei, dass das für das Kind gezahlte Kindergeld oder ein Teil hiervon nicht gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II bei dem Kindergeldberechtigten als Einkommen berücksichtigt werden könne, sondern dem Kind gemäß § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II als Einkommen zugerechnet worden sei, weil es zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wurde.

Voraussetzung sei ferner, dass das Kind Mitglied einer Haushaltsgemeinschaft sei und bei rechtzeitiger Leistung des Dritten keine oder geringere Leistungen an die anderen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären, weil ihnen das Kindergeld als Einkommen zugerechnet worden sei. Der BGH ließ offen, ob der Anspruchsübergang auf die Höhe des Kindergeldes zu beschränken ist.

Bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten hat der BGH im Übrigen wegen dessen Eintritt ins Rentenalter keine Aufwendungen für die zusätzliche Altersversorgung einkommensmindernd angerechnet.

 

Hinweis

Bei der Geltendmachung von Kindesunterhalt muss dann, wenn ein Elternteil ALG II bezieht und das unterhaltsberechtigte Kind bei ihm lebte, stets geprüft werden, ob bzw. inwieweit das Kind noch forderungsberechtigt ist.

Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass selbst dann, wenn das Kind selbst kein ALG II bezieht, ihm wegen § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II möglicherweise zumindest teilweise die Aktivlegitimation wegen Anspruchsübergangs fehlt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.01.2012, XII ZR 22/10

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