Zusammenfassung

 
Begriff

Der Mieter ist im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs grundsätzlich berechtigt, die nächsten Angehörigen, also seinen Ehegatten[1], die Kinder[2] und Nichten und Neffen[3] in die Wohnung aufzunehmen. Zu dem Kreis der Angehörigen gehören auch die Geschwister[4] sowie die Eltern[5] des Mieters. Genauso dürfen Enkelkinder aufgenommen werden.[6] Bei persönlichen engen Bindungen gehört sogar der Schwager zum Kreis der Familienangehörigen.[7] Dabei hat er aber darauf zu achten, dass die Wohnung nicht überbelegt wird. Bei einer Überbelegung liegt ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache vor. In diesem Fall kann der Vermieter nach Abmahnung auf Unterlassung klagen oder kündigen.

[3] BGH, Urteil v. 27.1.2010, VIII ZR 195/09, WuM 2010 S. 163.
[4] BayObLG, Urteil v. 29.11.1983, ReMiet 9/82, WuM 1984 S. 14.
[7] BGH, Urteil v. 3.3.2009, VIII ZR 247/08, WuM 2009 S. 294.

1 Begriff

Eine Wohnung ist überbelegt, wenn die Zahl der Bewohner deutlich über den durch den Vertragszweck und die Größe bestimmten Rahmen der vertragsgerechten Nutzung hinausgeht. Anhaltspunkte finden sich hierzu in den gesetzlichen Bestimmungen der Länder. So ist im inzwischen aufgehobenen Bay. WohnungsaufsichtsG in Art. 6 Abs. 1 ausgeführt, dass Wohnungen nur überlassen und benutzt werden dürfen, wenn für jede mindestens 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 10 qm, für jede noch nicht 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 6 qm vorhanden ist.[1] Als Faustregel kann gelten, dass keine Überbelegung vorliegt, wenn auf jede erwachsene Person oder auf je 2 Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 qm entfällt oder durchschnittlich 10 qm pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind.[2]

[2] AG München, Urteil v. 20.5.2015, 415 C 3152/15, ZMR 2016 S. 636.

2 Rechtsfolgen

Überbelegung kann ein Grund zur fristlosen Kündigung sein, wenn sie trotz Abmahnung weiterhin vorliegt. Eine fristlose Kündigung nach § 543 BGB wegen Überbelegung der Wohnung setzt neben der Abmahnung eine erhebliche, durch die Überbelegung verursachte Verletzung der Vermieterrechte voraus. Diese ergibt sich entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe[1] jedoch nicht zwingend allein aus der Überbelegung.

Obwohl die Gefahr einer übermäßigen Abnutzung oder Beschädigung der Wohnung mit dem Ausmaß der Überbelegung zunehmen wird, ist es nach dem Bundesgerichtshof nicht möglich, einen bestimmten Grad der Überbelegung zu definieren, von dem ab die Annahme zwingend ist, die Abnutzung führe ohne Weiteres zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Vermieterinteressen und erfordere die sofortige Auflösung des Mietverhältnisses.[2] Insoweit können Ausstattung und Zuschnitt der bewohnten Räume, vertragliche Regelungen über die Durchführung von Schönheitsreparaturen, Alter und Lebensgewohnheiten der Bewohner ebenso von Bedeutung sein wie die Zusammensetzung der übrigen Hausbewohnerschaft. Daher ist grundsätzlich anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls aufgrund einer Abwägung der Interessen beider Parteien zu beurteilen, ob die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt sind.

Dieser Auffassung folgt auch das Bundesverfassungsgericht. Im Beschluss vom 18.10.1993 wird für eine fristlose Kündigung des Vermieters wegen Überbelegung neben dem vertragswidrigen Gebrauch (durch Überbelegung) weiter vorausgesetzt, dass die Vermieterrechte erheblich verletzt worden sind. Ob dies der Fall ist, ist durch Abwägung der konkreten Auswirkungen der Überbelegung auf die berechtigten Interessen des Vermieters mit den Belangen des Mieters vom Fachgericht festzustellen.[3]

In einer Kündigung wegen Überbelegung sollten daher nicht nur die Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die Überbelegung ergibt, sondern auch die Auswirkungen der Überbelegung auf die Vermieterrechte (z. B. Gefährdung der Wohnsubstanz).

Auch das OLG Hamm ist zurückhaltender. Es ist in einem Rechtsentscheid der Meinung, dass sich das Recht des Vermieters zu einer ordentlichen – nicht fristlosen! – Kündigung nach den jeweils umfassend zu würdigenden Umständen des Einzelfalls im Fall der Überbelegung richtet.[4]

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