Leitsatz

Wird der im Sondereigentum vorhandene Bodenbelag (hier: Teppichboden) durch einen anderen (hier: Parkett) ersetzt, richtet sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109. Dass ein höheres Schallschutzniveau einzuhalten ist, können die Wohnungseigentümer vereinbaren. Das "Gepräge" der Wohnungseigentumsanlage ist hingegen unerheblich.

 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG; § 1004 BGB

 

Das Problem

  1. B erwirbt im Jahr 2006 ein Wohnungseigentum, entfernt den vorhandenen Teppichboden und lässt Parkett verlegen. K, dessen Wohnungseigentum unter dem des B liegt, beanstandet die hieraus resultierende Erhöhung des Trittschalls und klagt gegen B.
  2. Das Amtsgericht verurteilt B antragsgemäß, im Sondereigentum (mit Ausnahme des Badezimmers) Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag zu verlegen. B's dagegen gerichtete Berufung hat Erfolg. Der verlegte Parkettboden halte die Anforderungen der zur Zeit der Gebäudeerrichtung maßgeblichen DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 (Trittschallgrenze: 63 dB) ein. Ein Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG liege damit nicht vor. Aus der Baubeschreibung und dem bei Errichtung des Gebäudes erstellten Verkaufsprospekt ergebe sich zwar, dass die Wohnungseigentumsanlage hinsichtlich des Schallschutzniveaus anfangs durch die Verlegung von Teppichboden in den Wohnungen geprägt gewesen sei. Diese Erstausstattung habe zu einem höheren Schallschutzniveau als dem in der damaligen Ausgabe der DIN 4109 vorgesehenen Mindeststandard geführt, weil weiche Bodenbeläge den Trittschallschutz regelmäßig verbesserten. Dies entfalte aber insbesondere im Verhältnis zu B keine Wirkung mehr. Entscheidend sei, dass im Hinblick auf die Rechtsposition späterer Erwerber nur auf Umstände abgestellt werden dürfe, von denen diese in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen konnten. Hieran fehle es. Die Baubeschreibung und der im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Beklagten 35 Jahre alte Verkaufsprospekt richteten sich nach ihrem Sinn und Zweck an Erwerber, die vor Gebäudeerrichtung einen Eindruck von dem noch nicht fertiggestellten Gebäude gewinnen wollten, und seien für B nicht mehr von Belang gewesen. Andere Umstände, aufgrund derer die Beklagten von einem erhöhten Schallschutzniveau Kenntnis erlangen konnten, seien nicht ersichtlich. Mit der Revision will K die Zurückweisung der Berufung und Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts erreichen.
 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Nach § 14 Nr. 1 WEG sei jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen – wozu auch der Oberbodenbelag gehöre (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 5) – nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein in diesem Sinne nachteilig betroffener Wohnungseigentümer könne sowohl nach § 15 Abs. 3 WEG als auch nach § 1004 Abs. 1 BGB die Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Ob ein Nachteil vorliege, überprüfe er – der Bundesgerichtshof – nur im Hinblick darauf, ob das Berufungsgericht – das Landgericht – den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet habe (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 7).
  2. Hieran gemessen sei es nicht zu beanstanden, dass das LG Itzehoe einen Verstoß gegen die in § 14 Nr. 1 WEG geregelten Pflichten verneine. Werde ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen, richte sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109, hier nach der von 1962 (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 9).
  3. Da die Werte der DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 auch nach der Änderung des Bodenbelags eingehalten werden würden, sei entscheidend, ob besondere Umstände das einzuhaltende Schallschutzniveau erhöhen. So liege es nicht.
  4. Ein höheres Schallschutzniveau könne sich daraus ergeben, dass die Gemeinschaftsordnung (hinreichend bestimmte) Regelungen zum Schallschutz vorsehe, die über den Mindeststandard hinausgehen (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 14). Daran fehle es hier. Die Baubeschreibung betreffe nur die zwischen dem Bauträger und den Ersterwerbern geschlossenen Erwerbsverträge und lege die insoweit geschuldeten Leistungen fest. Ob solche Vertragsbestandteile zugleich Gegenstand einer stillschweigenden Vereinbarung der Wohnungseigentümer werden könnten, könne dahinstehen. Denn jedenfalls B, der sein Wohnungseigentum erst 2006 erworben habe, müsse sich eine solche aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Vereinbarung gem. § 10 Abs. 3 WEG nicht entgegenhalte...

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