Rz. 40

Damit der Betriebsrat seine ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann, hat ihn der Arbeitgeber nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG

  • unaufgefordert,
  • rechtzeitig und
  • umfassend
  • über alle Umstände zu unterrichten, die mit seinem Aufgabenkreis zusammenhängen.

Der allgemeine Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 BetrVG steht neben den speziellen Auskunftsansprüchen in den Beteiligungstatbeständen des BetrVG (z. B. §§ 92 Abs. 1, § 99 Abs. 1, § 106 Abs. 2, § 108 Abs. 5 oder § 100, § 111 BetrVG). Er ist insbesondere nicht durch den im Zusammenhang mit den Beteiligungsrechten bei Einstellungen geregelten anderweitigen Unterrichtungsanspruch nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG "gesperrt". Die den Arbeitgeber anlässlich der Beteiligung des Betriebsrats bei einer personellen Einzelmaßnahme obliegenden Unterrichtungspflichten lassen die aufgrund anderer Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere die sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergebenden Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers, grundsätzlich unberührt (BAG, Beschluss v. 31.1.1989, 1 ABR 72/87).

 

Rz. 41

 
Wichtig

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat ohne vorherige Aufforderung, d. h. „von sich aus” zu unterrichten. Das heißt, es bedarf keiner vorherigen Aufforderung durch den Betriebsrat.[1]

Zur Form der Auskunft verhält sich das BetrVG nicht ausdrücklich. Der Arbeitgeber ist insoweit in der Wahl seiner Informationsmittel grundsätzlich frei (BAG, Beschluss v. 10.10.2006, 1 ABR 68/05). Die Unterrichtung des Betriebsrats kann also formfrei erfolgen. Grundsätzlich ist daher auch die mündliche Weitergabe von Informationen, z. B. auf einer durch den Arbeitgeber nach § 29 Abs. 3 Satz. 1 BetrVG verlangten Betriebsratssitzung möglich. Anders als das Einblicksrecht setzt der Auskunftsanspruch nicht voraus, dass der Arbeitgeber über die begehrten Informationen in urkundlicher Form oder in Gestalt einer elektronischen Datei bereits verfügt. Der Anspruch kann schon dann bestehen, wenn der Arbeitgeber die entsprechenden Daten entweder tatsächlich kennt oder sie, weil sie einfach zugänglich sind, zur Kenntnis nehmen könnte (BAG, Beschluss v. 30.9.2008, 1 ABR 54/07). In den Fällen, in denen später irgendwelche Nachweise zu erbringen sind, sei es dem Betriebsrat, einer Behörde oder dem Arbeitsgericht gegenüber, empfiehlt sich für den Arbeitgeber schon aus Dokumentations- und Beweisgründen eine schriftliche Informationserteilung. Insbesondere bei umfangreichen, komplexen Informationen ist der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 BetrVG aber regelmäßig verpflichtet, dem Betriebsrat die erforderliche Auskunft schriftlich zu erteilen (BAG, Beschluss v. 10.10.2006, 1 ABR 68/05[2]). Bei einer nur mündlichen Auskunft wird es dem Betriebsrat nämlich in einem solchen Fall häufig nicht möglich sein zu prüfen, ob sich betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben ergeben und wie er diese verantwortlich wahrnehmen kann. Maßgeblich sind insoweit die Umstände des Einzelfalls (so ausdrücklich BAG, Beschluss v. 10.10.2006, 1 ABR 68/05).

 

Rz. 42

Rechtzeitig ist die Unterrichtung grundsätzlich dann, wenn der Betriebsrat sich mit der Angelegenheit noch befassen kann, bevor Maßnahmen getroffen werden, die der Mitwirkung oder Überwachung des Betriebsrats unterliegen (vgl. BAG, Beschluss v. 27.6.1989, 1 ABR 19/88). Die Unterrichtungspflicht besteht nicht erst dann, wenn feststeht, dass sich für den Betriebsrat bestimmte Aufgaben schon ergeben haben. Dabei genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben. Die Unterrichtung soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, in eigener Verantwortung selbst zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss (BAG, Beschluss v. 28.1.1992, 1 ABR 41/91). Die Grenzen des Unterrichtungsanspruchs liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht offensichtlich nicht in Betracht kommt. Der Betriebsrat kann nicht losgelöst vom Bestehen einer gesetzlichen Aufgabe verlangen, dass er vom Arbeitgeber über betriebliche Vorgänge informiert oder über dessen Kennnisstand unterrichtet wird.

Die Überwachungsaufgabe ist vorrangig gegenwarts- und zukunftsbezogen (BAG, Beschluss v. 19.2.2008, 1 ABR 84/06). Dem Informationsanspruch des Betriebsrats steht aber nicht in jedem Fall entgegen, dass begehrte Auskünfte sich auf Vorgänge aus zurückliegenden, bereits abgeschlossenen Zeiträumen beziehen. Aus der Überwachungsaufgabe des Betriebsrats als solcher ergibt sich keine zeitliche Schranke (BAG, Beschluss v. 21.10.2003, 1 ABR 39/02). Dieser Aufgabe ist nicht immanent, dass sie sich stets nur auf den letzten Anwendungszeitraum der zu überwachenden tariflichen oder gesetzlichen Bestimmungen beziehen könnte. Die rückwärtige zeitliche Grenze liegt erst dort, wo der Betriebsrat aus den gewünschten Informationen für sein Handeln keine sachgerechten Folgerungen mehr ziehen könnte (BAG, Beschluss v. 19.2.2008, 1 ABR 84/06). Solange Auskünfte für den Betriebsrat weiterhin von objektivem Interesse sind, sei es um ggf. nachträgliche ...

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