1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Vorschrift enthält die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Belegschaft mindestens einmal in jedem Kalendervierteljahr über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterrichten. In Unternehmen mit in der Regel mehr als 1000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern hat die Unterrichtung schriftlich zu erfolgen. In kleineren Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten, ständigen Arbeitnehmern genügt eine mündliche Unterrichtung. Hierdurch soll die Information der einzelnen Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und personelle Situation des Unternehmens und ihre voraussichtliche Entwicklung gewährleistet werden. Die Belegschaft soll in die Lage versetzt werden, entsprechende Fragen an den Arbeitgeber, etwa in der Betriebsversammlung, zu stellen.[1] Unabhängig davon besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers mindestens einmal in jedem Kalenderjahr in einer Betriebsversammlung über die wirtschaftliche Lage des Betriebs zu berichten (§ 43 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). In Tendenzbetrieben findet die Vorschrift keine Anwendung (§ 118 Abs. 1 Satz 2).

[1] DKW/Däubler, § 110 Rz. 6.

2 Voraussetzungen und Form der Unterrichtungspflicht

 

Rz. 2

In Unternehmen mit in der Regel mehr als 1000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern muss der Unternehmer die Arbeitnehmer mindestens vierteljährlich schriftlich über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklung des Unternehmens unterrichten.

 

Rz. 3

Da an die "Schriftlichkeit" keine besonderen Voraussetzungen gestellt werden, liegt es im Ermessen des Unternehmers, wie er der Pflicht zur schriftlichen Unterrichtung nachkommt. Dies kann in Firmenzeitungen, durch Vervielfältigung und Verteilung des Berichts an die Arbeitnehmer oder auch durch Anschlag am Schwarzen Brett erfolgen.[1] Es kommt insoweit darauf an, dass jedes Belegschaftsmitglied mühelos in zumutbarer Weise hiervon Kenntnis nehmen kann. Ausreichend ist auch, wenn der Bericht in das Intranet des Unternehmens eingestellt wird, sofern alle Arbeitnehmer diesen Bericht aufrufen und ausdrucken können.[2]

 
Hinweis

Zweckmäßig ist die Unterrichtung in den kalendervierteljährlichen Betriebsversammlungen, in welchen der Bericht vervielfältigt ausgelegt und den Arbeitnehmern so zugänglich gemacht werden kann.

 

Rz. 4

In Unternehmen, die in der Regel nicht mehr als 1000 ständig beschäftigte Arbeitnehmer haben, aber in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte, ständige Arbeitnehmer beschäftigen, kann der Bericht mündlich erfolgen.

 
Hinweis

Der Bericht kann insbesondere auf den kalendervierteljährlichen Betriebsversammlungen durch den Unternehmer mündlich erstattet werden.

 

Rz. 5

Die Unterrichtung muss mindestens einmal im Kalendervierteljahr stattfinden. Den Zeitpunkt legt der Unternehmer fest. Im Einzelfall kann bei ausreichendem Anlass gegebenenfalls auch eine mehrmalige Unterrichtung innerhalb des Kalendervierteljahrs angezeigt sein.[3]

 

Rz. 6

Bei der Information sollte sich der Unternehmer einer verständlichen Sprache bemühen. Werden nicht nur vereinzelt ausländische Arbeitnehmer mit unzureichenden Kenntnissen der Firmensprache (muss nicht zwingend die deutsche Sprache sein) beschäftigt, ist eine Übersetzung erforderlich.[4]

[1] Fitting, § 110 Rz. 5; GK-BetrVG/Oetker, § 110 Rz. 18; a. A. Richardi/Annuß, § 110 Rz. 6.
[2] GK-BetrVG/Oetker, § 110 Rz. 18.
[3] ErfK/Kania, § 110 Rz. 5.
[4] So z. B. Richardi/Annuß, § 110 Rz. 7; Fitting, § 110 Rz. 6.

3 Abstimmung mit Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat

 

Rz. 7

Bevor der Unternehmer die Arbeitnehmer unterrichtet, muss er sich mit dem Wirtschaftsausschuss (oder Ausschuss nach § 107 Abs. 3 BetrVG) und dem Betriebsrat abstimmen. Besteht ein Gesamtbetriebsrat, ist dieser zuständig. Wenn im Unternehmen kein Wirtschaftsausschuss zu errichten ist, genügt die Abstimmung mit dem Betriebsrat (§ 110 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Dies soll nach überwiegender Auffassung auch gelten, wenn zwar ein Wirtschaftsausschuss zu errichten ist, er aber tatsächlich nicht gebildet wurde.[1]

 

Rz. 8

Der Unternehmer hat die beabsichtigten Informationen vorher mit den Arbeitnehmervertretungen abzustimmen. "Abstimmung" bedeutet nicht Einigungszwang. Es genügt, wenn der Unternehmer die beteiligten Gremien vorher über den Inhalt des geplanten Berichts unterrichtet, ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt und eine Einigung versucht wird. Kommt eine Einigung nicht zustande, so hat der Unternehmer den Bericht so zu erstatten, wie er ihn für richtig hält. Verantwortlich für die Erstellung des Berichts sowie dessen Inhalt und Form ist allein der Unternehmer.[2] Abweichende Auffassungen des Wirtschaftsausschusses bzw. Betriebsrats muss der Unternehmer nicht in seinen Bericht aufnehmen. Der Betriebsrat kann dies in seinen Tätigkeitsbericht für die Betriebsversammlung aufnehmen (§ 43 Abs. 1 BetrVG). Ein Anspruch auf Aufnahme in den Bericht des Unternehmers oder auf einen eigenen Alternativbericht an die Arbeitnehmer besteht im Rahmen der Unterrichtung nach § 110 BetrVG nicht (BAG, Beschluss v. 14.5.2013, 1 ABR 4/12[3]). Die Verpflichtung des Arbeitgebers, seinen Bericht zuvor mit Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat abzustimmen, spricht gegen eine solche ...

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