Ausdrückliche Regelungen zur Tierhaltung finden sich weder im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch in den Landesnachbarrechtsgesetzen der Bundesländer. Es ist daher bei Belästigungen durch die nachbarliche Haustierhaltung auf die allgemein geltenden Abwehrrechte des Zivilrechts zurückzugreifen. Dies hat zur Folge, dass die Kasuistik im Zusammenhang mit Unterlassungsklagen unüberschaubar ist und sich vor allem durch Uneinheitlichkeit auszeichnet. Da das zu entscheidende Gericht einen nicht unerheblichen Wertungsspielraum hat, ist eine heterogene Rechtsprechung geradezu vorprogrammiert. Den einzelnen Urteilen ist häufig anzumerken, ob der Richter selbst Haustiere hält oder nicht.

Trotz der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung können einige Grundsätze herausgearbeitet werden, die im Streitfall zur Orientierung herangezogen werden können.

 
Hinweis

Mieter, Wohnungseigentümer oder Hauseigentümer?

Wenn Sie sich mit Hilfe des Zivilrechts gegen Belästigungen durch die nachbarliche Haustierhaltung zur Wehr setzen wollen, um z. B. einen vollstreckbaren Titel in Händen zu haben, müssen Sie sich zunächst über Ihre Rechtsposition im Klaren sein. Denn je nachdem, ob sie Mieter, Wohnungseigentümer oder Hauseigentümer sind, hält das Gesetz unterschiedliche Schutzvorschriften für Sie bereit.

1.2.1 Zivilrechtsschutz für Mieter

Die Haustierhaltung in Mietwohnungen ist häufiger Streitpunkt sowohl im Verhältnis zum Vermieter als auch wegen der durch die Tiere verursachten Störungen im Verhältnis zu den anderen Mietern. Dies wird verständlich, wenn man die unterschiedlichen Interessenlagen berücksichtigt.

Auf der einen Seite steht der Vermieter, dem daran gelegen ist, Beschädigungen und übermäßige Abnutzungen der Mietwohnung zu vermeiden und den Hausfrieden zu wahren, der etwa durch Hundegebell oder durch Geruchsbelästigungen aus der Tierhaltung gestört werden kann. Auf der anderen Seite steht der Mieter, der sein Haustier unbedingt bei sich haben will. Hinzu kommt, dass in einem von mehreren Mietern bewohnten Haus die Interessen der Mieter, die Haustiere halten und derjenigen, die keine haben, sehr gegenläufig sein können. Mietvertragsklauseln zur Tierhaltung sind insoweit ein Instrument, um das friedliche und einvernehmliche Zusammenleben der jeweiligen Hausgemeinschaft zu gewährleisten.

Verbietet eine Klausel im Mietvertrag die Haustierhaltung generell, ist diese Klausel unwirksam, weil dann auch Wellensittiche, Goldhamster oder Zierfische verboten wären.[1] Das Halten solcher Kleintiere, die keinerlei Geräusche oder Gerüche verursachen, ist immer zulässig.

Geht es nicht um mietvertragliche Regelungen, mit denen die Tierhaltung in einer Mietwohnung eingeschränkt und im Einzelfall sogar ausgeschlossen werden kann, sondern um Streitigkeiten der Mieter untereinander oder um Belästigungen, denen ein Mieter durch die Tierhaltung auf einem benachbarten Grundstück ausgesetzt ist, dann kann er sich mit Hilfe des § 862 Abs. 1 BGB zur Wehr setzen. Diese Vorschrift lautet: "Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht[2] im Besitze gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen."

Inwieweit der Abwehranspruch ausgeschlossen ist, weil eine Pflicht zur Duldung besteht, ist in Kap. 1.2.4 erläutert.

[2] "Verbotene Eigenmacht" liegt gemäß § 858 Abs. 1 BGB dann vor, wenn der Besitzer in seinem Besitz (etwa durch Hundegebell oder unerbetenen Besuch von Nachbars Katzen) gestört wird.

1.2.2 Zivilrechtsschutz für Wohnungseigentümer

Wenn Sie Wohnungseigentümer sind, können Sie auch nicht so frei schalten und walten, wie Sie wollen. Dies folgt aus den gesetzlichen Regelungen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG).

Zwar kann jeder Wohnungseigentümer nach § 13 Abs. 1 WEG mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren. Dieser Grundsatz wird aber mit Rücksicht auf das notwendige Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft dadurch eingeschränkt, dass jeder Wohnungseigentümer nach § 14 Abs. 1 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nach § 14 Abs. 2 WEG gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet ist, sein eigenes sowie deren Sondereigentum nicht über das Maß hinaus zu beeinträchtigten, dass über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus ein Nachteil erwächst (sog. Wohlverhaltensklausel).

  • Soweit nicht die Haustierhaltung Gegenstand der Teilungserklärung ist, können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss nähere Bestimmungen über die Tierhaltung treffen.
  • Wenn es nicht um wohnungseigentumsrechtliche Fragen geht, sondern Sie sich als Wohnungseigentümer durch die Tierhaltung in einer der Nachbarwohnungen belästigt fühlen, können Sie sich dagegen mit einer Beseitigungs- oder Unterlassungsklage gegen den nachbarlichen Störenfried nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB zur Wehr setzen.

Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und...

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