Rz. 154

Im Gegensatz zum normalen Brief wird bei einem Einschreiben dokumentiert, wann und wie bzw. an wen die Sendung zugestellt wurde. Der Postzusteller wirft das Einschreiben nicht in den Briefkasten des Empfängers, sondern übergibt es persönlich an den Empfänger oder an einen anderen Empfangsberechtigten.[1]

 

Rz. 155

Trifft der Postzusteller weder den Empfänger noch einen anderen Empfangsberechtigten an, hinterlässt er eine Nachricht. Der Empfänger oder ein Bevollmächtigter des Empfängers kann das Einschreiben dann in der Postfiliale abholen. In diesem Fall geht das Kündigungsschreiben erst im Zeitpunkt seiner Abholung bei der Post zu. Der Zugang der Benachrichtigung über den Zustellungsversuch ersetzt den Zugang des Kündigungsschreibens nicht (BAG, Urteil v. 25.4.1996, 2 AZR 13/95[2]).

 

Rz. 156

Der Arbeitnehmer ist auch nicht verpflichtet, das Kündigungsschreiben bei der Post abzuholen, wenn er eine Benachrichtigung in seinem Hausbriefkasten findet. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer mit der Übersendung eines Kündigungsschreibens rechnen musste. In einem solchen Ausnahmefall verhält sich der Arbeitnehmer treuwidrig, wenn er das Kündigungsschreiben nicht alsbald bei der Post abholt. Die Kündigung geht dann an dem Tag zu, an dem die unverzügliche Abholung des Schreibens durch den Arbeitnehmer bei der Post möglich war (LAG Hessen, Urteil v. 6.11.2000, 10 Sa 1709/99[3]).

 
Hinweis

Viele Arbeitgeber gehen irrtümlich davon aus, dass die Übersendung der Kündigung als Einschreiben eine besonders sichere Form der Übergabe sei. Dies ist nicht der Fall, weil der Arbeitgeber nicht absehen kann, ob der Postzusteller den Arbeitnehmer antrifft bzw. ob und wann der Arbeitnehmer das Einschreiben tatsächlich bei der Post abholt.

[1] Ein Einschreiben kann auch mit dem Zusatz "eigenhändig" versehen werden. Die Auslieferung erfolgt dann nur an den Empfänger persönlich oder einen zum Empfang besonders Bevollmächtigten.
[2] NZA 1996 S. 1227.
[3] NZA-RR 2001 S. 637, 638.

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