Rz. 28

Wird die Kündigung durch einen Vertreter des Arbeitgebers ausgesprochen, der nicht über die erforderliche Berechtigung zur Stellvertretung (Vertretungsmacht) verfügt, ist die Kündigung bei entsprechender Rüge durch den Arbeitnehmer nach § 180 Satz 1 BGB nichtig. § 4 Satz 1 KSchG findet keine Anwendung, wenn ein vollmachtloser Vertreter oder ein Nichtberechtigter die Kündigung ausspricht, da es dann bereits an einer dem Arbeitgeber zurechenbaren Kündigungserklärung fehlt (BAG, Urteil v. 26.3.2009, 2 AZR 403/07[1]). Dies gilt selbst dann, wenn der vollmachtlose Vertreter nach den äußeren Umständen als bevollmächtigt erscheint (BAG, Urteil v. 6.9.2012, 2 AZR 858/11[2]). Im Übrigen würde die Anwendung des § 4 Satz 1 KSchG in diesen Fällen zu einer unnötigen Belastung der Arbeitsgerichte mit überflüssigen Kündigungsschutzklagen führen.[3]

 

Rz. 29

Dagegen ist die Kündigung nach den §§ 180 Satz 2 BGB, 177 Abs. 1 BGB nur schwebend unwirksam, wenn der Arbeitnehmer den Mangel der Vertretungsmacht nicht beanstandet oder mit der Stellvertretung trotz fehlender Vertretungsmacht einverstanden ist. Der Arbeitgeber kann die Kündigungserklärung dann wirksam genehmigen. Bei einer einschränkungslosen Anwendung der §§ 4 Satz 1 und 7 KSchG würde man dem Arbeitgeber im Ergebnis die Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen, da die Kündigung nach Ablauf der 3-Wochen-Frist wirksam wäre. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie des Arbeitgebers. Die 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG beginnt daher nicht mit Zugang der Kündigung, sondern frühestens mit dem Zugang der Genehmigung durch den Arbeitgeber (BAG, Urteil v. 6.9.2012, 2 AZR 858/11; BAG, Urteil v. 13.12.2012, 6 AZR 608/11[4]).

 

Rz. 30

Anders ist die Rechtslage, wenn der Arbeitgeber seinen Vertreter zum Ausspruch der Kündigung bevollmächtigt, der Vertreter mit der Kündigung jedoch keine Vollmachtsurkunde vorlegt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die Kündigung gem. § 174 BGB unverzüglich zurückweisen. Die Kündigung ist dann unwirksam. Der Arbeitnehmer muss aber gem. § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage erheben, um eine Heilung dieses Mangels der Kündigung nach § 7 KSchG zu vermeiden.[5] Schließlich fehlt es nicht an der Vertretungsmacht des Vertreters, sondern nur am Nachweis dieser Vertretungsmacht.[6]

[1] NZA 2009 S. 1146, 1147 f.
[2] NZA 2013 S. 524, 526.
[3] Ulrici, DB 2004, S. 250, 251.
[4] NZA 2013 S. 524, 527; AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 23.
[5] KR/Treber, 12. Aufl. 2019, § 13 KSchG, Rz. 133; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 9. Aufl. 2020, § 4 KSchG, Rz. 8; dagegen z. B. Ulrici, DB 2004, S. 250, 251.
[6] Bender/Schmidt, NZA 2004, S. 358, 362; KR/Treber, 12. Aufl. 2019, § 13 KSchG, Rz. 133.

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