Rz. 7

Fragen zum beruflichen Werdegang, zu Ausbildungs- und Weiterbildungszeiten und den entsprechenden Zeugnissen sind regelmäßig uneingeschränkt zulässig.[1] Das Gleiche gilt für berufliche und fachliche Fähigkeiten und Erfahrungen des Arbeitnehmers, soweit sie für den zukünftigen Arbeitsplatz Bedeutung haben.[2]

 
Hinweis

Das Vorlegen eines gefälschten Arbeitszeugnisses im Bewerbungsverfahren stellt eine Täuschung dar.[3] Die Vorlage eines von einer Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit ordnungsgemäß ausgestellten Zeugnisses hingegen erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Täuschung, wenn dieses Zeugnis nicht durch falsche Angaben erschlichen wurde und nicht an einem offensichtlichen Mangel leidet. Dabei ist nicht erheblich, ob die Behörde das Zeugnis mit dem Inhalt, den Noten und in dieser Form überhaupt erteilen durfte, da sich hieraus keine Schlussfolgerungen auf ein Vorspiegeln falscher Tatsachen ergeben.[4]

 

Rz. 7a

Der Arbeitgeber hat des Weiteren ein Fragerecht dahingehend, ob der Arbeitnehmer bereits früher bei ihm beschäftigt war, da er nur so feststellen kann, ob eine befristete Beschäftigung mit § 14 Abs. 2 TzBfG vereinbar ist.[5]

Im Zusammenhang mit einer Befristung nach dem WissZeitVG besteht darüber hinaus ein Fragerecht nach dem Promotionsbeginn.[6]

 

Rz. 8

Fragen zu Vermögensverhältnissen des Arbeitnehmers betreffen seine Privatsphäre und sind daher nur zulässig, sofern der konkret zu besetzende Arbeitsplatz sie erfordert. Eine solche Ausnahme besteht regelmäßig bei leitenden Angestellten und dann, wenn die angestrebte Tätigkeit ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Arbeitnehmer voraussetzt, der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit also etwa mit Geld umgehen muss oder die Gefahr der Bestechung oder des Geheimnisverrats besteht. Ob Fragen nach dem derzeitigen Vorliegen von Lohnpfändungen oder Lohnabtretungen gestellt werden dürfen, wird uneinheitlich beurteilt. Nach vorzugswürdiger Auffassung ist eine Frage nach Lohnabtretungen oder Lohnpfändungen immer zulässig, da vor allem in kleineren Betrieben i. d. R. ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand und haftungsrechtliche Risiken für den Arbeitgeber entstehen.[7]

 

Rz. 9

Fragen, die das bisherige Gehalt betreffen, sind unzulässig, soweit sie nicht im Zusammenhang mit dem neuen Arbeitsplatz stehen.[8] Ein Fragerecht besteht hingegen, wenn der Arbeitnehmer von sich aus sein bisheriges Gehalt als Mindestarbeitsvergütung fordert oder ausnahmsweise das Gehalt Rückschlüsse auf seine Eignung zulässt.[9]

 

Rz. 10

Die Frage nach Vorstrafen stellt einen erheblichen Eingriff in die Individualsphäre des Arbeitnehmers dar. Unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens sind diesbezügliche Fragen nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die Vorstrafe auf Eigenschaften schließen lässt, welche für die Vertragsdurchführung unerlässlich sind und damit im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkret zu besetzenden Arbeitsplatz stehen;[10] mit anderen Worten: Der Arbeitgeber darf nur nach "einschlägigen", d. h. hinsichtlich der Eignung für einen ins Auge gefassten künftigen Aufgabenbereich relevanten Vorstrafen fragen.[11] Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab anzuwenden.[12] Ein berechtigtes Informationsinteresse des Arbeitgebers besteht grundsätzlich nicht hinsichtlich solcher Verurteilungen, die im Bundeszentralregister getilgt sind.[13] Derartige Verurteilungen braucht der Bewerber bei unspezifizierter Frage nach Vorstrafen selbst dann nicht zu offenbaren, wenn er eine Tätigkeit im allgemeinen Justizvollzugsdienst anstrebt.[14] Ebenso wenig hat der öffentliche Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, Bewerber für eine solche Tätigkeit nach bereits eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu fragen.[15]

 

Rz. 11

Fragen nach laufenden Ermittlungs- bzw. anhängigen Strafverfahren wurden früher unter Hinweis auf den in Art. 6 EMRK verankerten Grundsatz, wonach jeder Mensch bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig zu gelten hat, als unzulässig abgelehnt. Nur im Bereich der Führungskräfte sollte ausnahmsweise eine Offenbarungspflicht des Bewerbers bestehen, da in Vertrauenspositionen bereits der bloße Verdacht einer Straftat zu einem Verlust der für solche Tätigkeiten unabdingbaren Integrität innerhalb des Unternehmens bzw. der Öffentlichkeit führen könne und damit zu einer fehlenden Eignung des Bewerbers führt.[16] Das BAG geht jedoch zu Recht davon aus, dass unter Umständen ein Fragerecht anzuerkennen ist, wenn durch das anhängige Ermittlungsverfahren Rückschlüsse auf eine mangelnde persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des Bewerbers für den konkreten Arbeitsplatz gezogen werden können.[17] Die Unschuldsvermutung binde unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat. Daraus ergebe sich nicht, dass aus einem anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahren für den Beschuldigten überhaupt keine Nachteile entstehen dürften.[18]

 
Praxis-Beispiel

Eine Frage kann etwa zulässig sein im Fall eines Erziehers, ge...

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