Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 17.01.2006; Aktenzeichen 3 O 1024/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.05.2008; Aktenzeichen IX ZR 229/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Erfurt vom 17.1.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung fallen dem Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger (Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. J. G. Müller mbH W., im Folgenden: "Muttergesellschaft") verlangt vom Beklagten (Insolvenzverwalter über das Vermögen der von der o.g. Baugesellschaft im Jahre 1991 gegründeten J. G. M. B. GmbH, M., deren Alleingesellschafter sie war, im Folgenden: "Tochtergesellschaft") die Auszahlung auf einem Sonderkonto hinterlegter Geldbeträge aus Rückzahlungen von Gläubigern nach Insolvenzanfechtung.

Beide Gesellschaften befanden sich zumindest seit dem Jahre 2003 in der Krise. Die Tochtergesellschaft in M. war ausweislich des Insolvenzgutachtens seit Juni 2003 zahlungsunfähig, die Muttergesellschaft in W. war spätestens seit August 2003 zahlungsunfähig. Seit Jahren bezahlte die Muttergesellschaft wiederholt Löhne und Gehälter sowie Sozialversicherungsbeiträge verspätet und war mit ihren spätestens am 15. des jeweiligen Folgemonats fälligen Verpflichtungen aus Lohn- und Gehaltszahlungen spätestens seit Juli 2003 erheblich in Rückstand. Ab Juli 2003 konnte sie Lohn- und Gehaltsforderungen von weit über 1 Mio. EUR permanent nicht mehr begleichen. Hinzu kamen anteilige Beiträge zur Sozialversicherung und Berufsgenossenschaft sowie Lohnsteuer, die gleichfalls nur mit erheblicher Verspätung bzw. überhaupt nicht mehr bezahlt wurden. Ab Mitte 2003 wurde seitens der Muttergesellschaft selbst auf titulierte Forderungen nur noch unter Vollstreckungsdruck gezahlt.

Die beiden Gesellschaften handhabten ihre Geschäftspolitik u.a. derart, dass bei momentan fehlender Liquidität der einen Gesellschaft die jeweils andere, liquide Gesellschaft Zahlungen an Drittgläubiger erbrachte.

In diesem Zusammenhang leistete die Muttergesellschaft von Juni 2003 bis zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung Zahlungen für die Tochtergesellschaft an Dritte in einem Umfang von mindestens 1,8 Mio. EUR. Im Zeitraum zwischen dem 8.10. und dem 23.12.2003 erbrachte die Muttergesellschaft dabei Zahlungen an Gläubiger der Tochtergesellschaft, vor allem Sozialversicherungsträger, i.H.v. Insgesamt 192.814,67 EUR (vgl. Aufstellung Anlage K 20, Bl. 60 d.A.).

Gleichwohl bestand bei Insolvenzantragstellung rechnerisch aus den jeweiligen Zahlungen (entsprechend der oben beschriebenen Geschäftspolitik) ein Positivsaldo der Tochtergesellschaft ggü. der Muttergesellschaft.

Im Hinblick auf die Insolvenzverfahren haben beide Insolvenzverwalter bei den Leistungsempfängern (den Dritten) die Insolvenzanfechtung mit Bezug auf diese Zahlungen, insbesondere die ab 8.10.2003, erklärt.

Es bestanden und bestehen unterschiedliche Auffassungen der Parteien darüber, ob dem Kläger (gestützt auf § 134 InsO) oder dem Beklagten (gestützt auf §§ 130, 131 InsO) ein Anfechtungsrecht ggü. den jeweiligen Zuwendungsempfängern zusteht.

Die Parteien vereinbarten deshalb, dass die von den Zuwendungsempfängern geleisteten Rückzahlungsbeträge- diese gingen i.H.v. 177.945,89 EUR beim Beklagten ein, sie wuchsen bis zum 1.4.2005 auf 178.437,25 EUR an und betrafen Zahlungen ab dem 8.10.2003 (vgl. Aufstellung K 20) - auf einem Sonderkonto hinterlegt werden und dass der "Hinterlegungsbetrag" an diejenige Insolvenzmasse auszukehren sei, zugunsten deren ein Anfechtungsanspruch wegen der streitgegenständlichen Zahlungen bestehe.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Auskehrung des Hinterlegungsbetrages (178.437,25 EUR) nebst hierauf anfallender Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Darüber hinaus verlangt der Kläger wegen eines vom Beklagten veräußerten, der Muttergesellschaft gehörenden Turmdrehkranes, dessen Nettoerlös mittlerweile (nach Rechtshängigkeit der Stufenklage und Auskunftserteilung) an den Kläger abgeführt worden ist (insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt), die Zahlung des hierauf anfallenden Mehrwertsteuerbetrages (3.520 EUR).

Der Kläger hat geltend gemacht, bezüglich der streitgegenständlichen, auf dem Sonderkonto hinterlegten Beträge habe lediglich ihm als Insolvenzverwalter der tatsächlich zahlenden Muttergesellschaft ggü. den Zuwendungsempfängern (den Dritten) ein Anfechtungsrecht (ein solches gem. § 134 InsO) zugestanden. Auch müsse der Beklagte die seit Rechtshängigkeit auf diesen Betrag anfallenden Zinsen zahlen. Ferner sei der Beklagte zur Zahlung des gesamten, auf Grund der Veräußerung des Turmdrehkranes eingenommenen Betrages (einschließlich MwSt.), nicht nur des bere...

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