Leitsatz (amtlich)

§ 30 Abs. 3 S. 2 ThürDSchG bewirkt eine Grundbuchsperre; das Grundbuchamt darf den Grundstückserwerber daher nur als Eigentümer eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Das gemeindliche Vorkaufsrecht nach § 30 ThürDSchG kann auch bestehen, wenn Gegenstand des Kauf- und Veräußerungsvertrages ein Erbbaurecht ist.

 

Normenkette

GBO § 18; ThürDSchG § 30; ErbbauRG § 11

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Aktenzeichen IH-42534)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Erfurt vom 04.05.2017 - Nichtabhilfeentscheidung vom 12.07.2017 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit notarieller Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 08.11.2016 (Ur.-Nr. J 01.../2016) verkaufte und veräußerte der Beteiligte zu 1 den im Betreff bezeichneten Erbbaurechtsanteil (Anteil von 229/10.000 an dem Erbbaurecht am Grundstück I, Blatt 4..., Bestandsverzeichnis Nr. 20, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Keller) an den Beteiligten zu 2. Mit Eigenurkunde vom 27.02.2017, beim Grundbuchamt am 01.03.2017 eingegangen, bewilligte der Notar aufgrund der ihm in Ziff. IX der Urkunde vom 08.11.2017 hierzu erteilten Vollmacht die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch und stellte die entsprechenden Eintragungsanträge. Mit Zwischenverfügung vom 04.05.2017 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen einer Verzichtserklärung bzw. eines Negativattests in Bezug auf das Vorkaufsrecht der Gemeinde nach § 30 ThürDSchG. Es setzte zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Frist und kündigte für den Fall deren fruchtlosen Ablaufs die Zurückweisung des Eintragungsantrags an. Nachdem der Notar auf eine Entscheidung des Landgerichts Erfurt (Beschluss vom 10.11.2000, 7 T 106/00, teilweise veröffentlicht in NotBZ 2001, 470 f.) hingewiesen hatte, aus der sich seiner Auffassung nach ergibt, dass bei dem Verkauf von Erbbaurechten ein solches Vorkaufsrecht nicht besteht und daher weder eine Verzichtserklärung noch ein Negativattest erforderlich sind, hielt das Grundbuchamt an der Zwischenverfügung fest. Gegen die Zwischenverfügung hat der Urkundsnotar unter erneutem Verweis auf den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 10.11.2000 Beschwerde eingelegt. Das Grundbuchamt hat zunächst mit Schreiben vom 27.06.2017 seine der Zwischenverfügung zugrundeliegende Rechtsauffassung näher begründet. Es hat sodann mit Beschluss vom 12.07.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt. Bei dem Erbbaurecht handele es sich um ein grundstücksgleiches Recht, auf das § 30 Abs. 1 ThürDSchG anwendbar sei. Eine Ausnahmevorschrift, die wie § 24 Abs. 2 BauGB bestimmte grundstücksgleiche Rechte wie Wohnungseigentum und Erbbaurechte von dem Vorkaufsrecht freistelle, fehle im Thüringer Denkmalschutzgesetz. Für eine analoge Anwendung von § 24 Abs. 2 BauGB sei kein Raum. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Begründung der Nichtabhilfeentscheidung. Der Urkundsnotar hat zur Nichtabhilfeentscheidung Stellung genommen. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts bestehe nach der zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Erfurt in § 30 ThürDSchG eine Regelungslücke; die Annahme, dass ein Vorkaufsrecht der Gemeinde zwar beim selbständigen Gebäudeeigentum, nicht aber bei anderen vergleichbaren grundstücksgleichen Rechten entfallen soll, liege fern.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Die Berechtigung des Urkundsnotars, für die Beteiligten Beschwerde einzulegen, ergibt sich aus § 15 GBO. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat die angefochtene Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 S. 1 GBO zu Recht erlassen.

Nach § 30 Abs. 1 ThürDSchG steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken, auf oder in denen sich Kulturdenkmale befinden, ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht zu. Es darf ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt, insbesondere, wenn dadurch die dauernde Erhaltung des Kulturdenkmals ermöglicht werden soll. Nach § 30 Abs. 3 S. 2 ThürDSchG darf das Grundbuchamt bei Veräußerungen den Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist; diese Vorschrift begründet eine Grundbuchsperre (Meikel/Grziwotz, GBO, 11. Aufl., Einl. F Rn. 293 Thüringen; Grauel, RNotZ 2002, 210, 214). Liegt dieser Nachweis nicht vor, handelt es sich mithin um ein Eintragungshindernis, das - mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsantrags - behebbar ist; es kann vom Grundbuchamt daher im Wege der Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 S. 1 GBO beanstandet werden. Ob ein Rechtsgeschäft, das Grundlage für die beantragte Eintragung sein soll, s...

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