Normenkette

ZPO §§ 108, 109 Abs. 1, § 720 Abs. 3, § 720a Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Gera (Aktenzeichen 3 HKO 172/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Gera vom 23.4.2002 abgeändert.

Der Klägerin wird aufgegeben, binnen einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu erklären, dass sie in das Erlöschen der Prozessbürgschaft der Sparkasse G. vom 15.8.2001, Geschäftszeichen der Sparkasse KC/245 in Höhe des den Betrag von 5.700 Euro übersteigenden Mehrbetrages einwilligt, oder zu erklären, dass sie in die Entlassung des Bürgen aus der Haftung in Höhe des den 5.700 Euro übersteigenden Mehrbetrages einwilligt, oder binnen gleicher Frist die Erhebung der Klage wegen ihrer Ansprüche nachzuweisen.

Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5 zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 5.700 Euro festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beklagte verlangt von der Klägerin die Herausgabe einer zur Abwendung einer angekündigten Sicherungsvollstreckung hergegebenen Prozessbürgschaft.

Mit Urteil des LG – Kammer für Handelssachen – vom 12.7.2001 wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 71.293,27 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 12.12.1998 zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das auf die Berufung der Beklagten eingeleitete Berufungsverfahren endete mit bestandskräftigem Prozessvergleich vom 7.3.2002. In dem Vergleich vereinbarten die Parteien u.a.:

„1. Die Beklagte zahlt an die Klägerin 35.500 Euro.

2. Damit sind alle streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin sowie Gegenansprüche der Beklagten, soweit sie in diesem Rechtsstreit geltend gemacht worden sind, erledigt.

3. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben zu tragen:

a) Die Klägerin 1/3;

b) die Beklagte 2/3.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreites sowie dieses Vergleiches haben zu tragen:

a) Die Klägerin zu 1/4; b) die Beklagte zu 3/4 …”.

Die Beklagte hat die Vergleichssumme i.H.v. 35.500 Euro an die Klägerin zu treuen Händen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gezahlt. Die Zahlung erfolgte am 4.4.2000.

Zugleich verlangte die Beklagte im Gegenzug die Herausgabe der Urkunde der im Tenor dieses Beschlusses bezeichneten Bürgschaft.

Dies hatte folgende Bewandtnis:

Während des Rechtsstreites hatte die Klägerin aufgrund des erstinstanzlichen Urteiles eine Sicherheitsvollstreckung gem. § 720a ZPO angekündigt. Zur Abwendung der angekündigten Sicherungsvollstreckung übergab die Beklagte der Klägerin die erwähnte Prozessbürgschaft in Höhe des von der Klägerseite akzeptierten Nennbetrages von 75.000 DM (dies entspricht 38.346,89 Euro). Daraufhin unterließ die Klägerin die Einleitung der Sicherungsvollstreckung. Weder eine mit vollstreckbarer Klausel versehene Ausfertigung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteiles noch eine vollstreckbare Ausfertigung des Prozessvergleiches wurden jemals der Beklagtenseite zugestellt.

Die Klägerin hat auch nach Zahlungseingang der Vergleichssumme die Herausgabe der Prozessbürgschaftsurkunde an die Beklagte verweigert unter Hinweis darauf, dass ihrer Ansicht nach ihr Sicherungsinteresse nach wie vor fortbestehe, weil die geleistete Zahlung zwar einen Teil der Hauptvergleichssumme, jedoch nicht Zinsen und Kosten des Rechtsstreites abdecken würde. Ein rechtskräftiger Kostenfeststellungsbeschluss ist insofern bislang nicht ergangen. Die Klägerin berühmt sich jedoch diesbezüglich eines Kostenerstattungsanspruches gegen die Beklagte in von dieser nicht bestrittenen Höhe von 5.700 Euro.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei der gegebenen Sachlage seien die Voraussetzungen für die Sicherheitsleistungen gem. § 720a ZPO entfallen. Die Bürgschaft sei deshalb sofort und ohne Bedingungen zurückzugeben. Insofern sei i.S.d. § 109 ZPO die Veranlassung der Sicherheitsleistung nachträglich entfallen.

Sie hat deswegen bei dem Prozessgericht beantragt, der Klägerin gem. § 109 Abs. 1 ZPO eine sehr kurze Frist zu setzen, in der die Klägerin die Einwilligung in die Rückgabe der Bürgschaft der Sparkasse G. vom 15.8.2001 über einen Betrag i.H.v. 75.000 DM zu erklären hat oder die Erhebung der Klage wegen ihrer Ansprüche nachzuweisen hat.

Die Klägerin hat beantragt, den Antrag der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, ihr Sicherheitsinteresse sei nicht lediglich auf die Hauptsumme des abgeschlossenen Vergleiches, sondern darüber auch auf einen möglichen Verzögerungsschaden sowie Zinsen und Kostenersatz gerichtet.

Mit Beschluss vom 23.4.2002 hat das LG – Kammer für Handelssachen – den Antrag der Beklagten vom 15.4.2002 kostenpflichtig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, die Veranlassung für die Sicherheitsleistung sei noch nicht weggefallen, da die Beklagte zwar den gesicherten Vergleichsbetrag gezahlt habe, nicht aber die ebenfalls von der Sicherheitsleistung umfassten Zinsen und Kosten.

Eine förmliche Zustellung des Beschlusses ist nicht erfolgt.

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