Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Unterhaltspflicht von Großeltern

 

Leitsatz (amtlich)

§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der die Betreuung als Unterhaltsgewährung dem Barunterhalt gleichstellt mit der Folge, dass grundsätzlich Barunterhalt zusätzlich zur Betreuung nicht geschuldet wird, gilt nur im Verhältnis der Eltern zueinander, nicht aber im Verhältnis zu den nachrangig haftenden Großeltern.

Eine Unterhaltspflicht der Großeltern kommt erst dann in Betracht, wenn feststeht, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht leistungsfähig ist und die ausschließliche Versorgung und Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil in dessen Interesse ausnahmsweise erforderlich ist, so dass eine Erwerbstätigkeit von ihm nicht erwartet werden kann.

 

Normenkette

BGB § 1606 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Gera (Beschluss vom 30.10.2008; Aktenzeichen 3 F 681/08)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung eines Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist die Mutter des minderjährigen Kindes J. F., geb. am 27.1.2005. Von dem Vater des Kindes, mit dem sie verheiratet ist, lebt sie seit 8.2.2007 getrennt. Mit der vorliegenden Stufenklage beabsichtigt sie, die Eltern ihres Ehemannes wegen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen. Sie behauptet, ihr Ehemann sei nur i.H.v. 40 EUR an Kindesunterhalt leistungsfähig. Sie bezieht für das Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz i.H.v. monatlich 85 EUR. Sie selbst ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen nach dem SGB II.

Die Antragsgegner wurden bisher vergeblich zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisses aufgefordert.

Das AG hat durch Beschluss vom 30.10.2008 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Stufenklage abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, im Rahmen der Auskunftsstufe sei sie keineswegs verpflichtet nachzuweisen, dass sie selbst nicht in der Lage sei, für den Bedarf des minderjährigen Kindes aufzukommen. Welche Erwerbsbemühungen sie unternommen habe, um ggf. selbst für den Barunterhalt des Kindes aufzukommen, sei nicht in der Auskunfts- sondern in der Leistungsstufe zu ermitteln. Dass der Kindesvater nicht leistungsfähig sei, habe sie mit ihrem Vortrag dargelegt, gemäß den Ermittlungen des Jugendamtes könne der Vater nur verpflichtet werden, einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 40 EUR zu zahlen. Da die Leistungsunfähigkeit der Eltern des Kindes feststehe, hafteten die Antragsgegner dem Grunde nach nachrangig für den Kindesunterhalt gem. § 1606 Abs. 2 BGB. Das Auskunftsverlangen sei daher begründet.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 25.11.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthaft und fristgemäß eingelegt worden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg. Der Antragstellerin steht ein Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegner gem. § 1605 BGB nicht zu. Nach dieser Vorschrift besteht eine Auskunftspflicht nur insoweit, als dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruches erforderlich ist. Ein Auskunftsanspruch ist dann ausgeschlossen, wenn die verlangte Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (vgl. BGH NJW 1982, 2771; Palandt/Diederichsen, 67. Aufl., § 1605 Rz. 9 m.w.N.).

Das AG hat zu Recht darauf hinwiesen, dass die Antragstellerin nicht ausreichend schlüssig dargelegt hat, dass ihr ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zustehen könnte. Die Beklagten als Großeltern des unterhaltsbedürftigen Kindes, haften gem. § 1606 Abs. 2 BGB nachrangig nach den Eltern des Kindes, d.h. es muss feststehen, dass diese nicht leistungsfähig sind. Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist oder sich der Unterhaltspflicht entzieht, erhöht sich zunächst gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB der Haftungsanteil des anderen Elternteils. Dies gilt auch dann, wenn ein Elternteil ein minderjähriges Kind betreut. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der die Betreuung als Unterhaltsgewährung dem Barunterhalt gleichstellt mit der Folge, dass grundsätzlich Barunterhalt zusätzlich zur Betreuung nicht geschuldet wird, gilt nur im Verhältnis der Eltern zueinander, nicht aber im Verhältnis zu den nachrangig haftenden Großeltern (vgl. Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 2 Rz. 545; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1745 [1746]; OLG Jena, FamRZ, 2006, 569 ff.). Wenn der barunterhaltspflichtige Vater nicht leistungsfähig ist, muss daher die Mutter trotz der Betreuung kleiner Kinder eine Erwerbstätigkeit annehmen und für den Unterhalt der Kinder sorgen, soweit ihr dies möglich ist. Im Verhältnis zu ihren jeweiligen Eltern steht es nicht im Belieben des betreuenden Elternteils, ob er sein Kind selbst versorgen möchte. Voraussetzung ist vielmehr, dass die alleinige Betreuung und Versorgung des Kindes durch eine...

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