Leitsatz (amtlich)

Die Bestandteilszuschreibung des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zu dem Erbbaurecht ist zulässig (entgegen KG DNotZ 2011, 283 ff.).

 

Normenkette

GBO § 6; BGB § 890; ErbbauRG § 11

 

Verfahrensgang

AG Gotha (Aktenzeichen GO-16794)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Gotha vom 25.07.2017 - Nichtabhilfeentscheidung vom 03.08.2017 - abgeändert. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Zuschreibung des im Betreff bezeichneten Grundstücks zu dem im Erbbaugrundbuch von G, Blatt 6552 eingetragenen Erbbaurecht im Grundbuch zu vollziehen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist seit dem 11.04.2017 als Eigentümer des in dem im Betreff bezeichneten Grundstücks, das zu seinen Gunsten mit einem Erbbaurecht, eingetragen im Erbbaugrundbuch von G Blatt 6552, belastet ist, eingetragen. Diese Eintragung erfolgte im Wege des Teilvollzugs der Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 12.07.2016 (Ur.-Nr. xxxxx/2016), mit der die damalige Eigentümerin das Grundstück an den Antragsteller veräußert hatte. In Ziff. IV.6. der Urkunde erklärte der Antragsteller - bedingt durch seine Eintragung als Eigentümer des Grundstücks - dass das Grundstück dem Erbbaurecht zugeschrieben wird. Er erklärte, bewilligte und beantragte, sodann das Erbbaurecht abzuschreiben und es im Grundbuch neu vorzutragen. Der Antragsteller bewilligte und beantragte weiter die Löschung sämtlicher in den Abteilungen II und III des Erbbaugrundbuchs eingetragener Belastungen an dem Erbbaurecht sowie in Bezug auf das Grundstück die Löschung des Erbbaurechts und des Vorkaufsrechts. Schließlich erklärte er sodann die Aufhebung des Erbbaurechts an dem Grundstück und bewilligte und beantragte, die Erbbaurechtsaufhebung im Grundbuch einzutragen und das Erbbaugrundbuch zu schließen. Wegen des genauen Wortlauts der Erklärungen des Antragstellers nimmt der Senat Bezug auf die Urkunde vom 12.07.2016. Nachdem das Grundbuchamt die Anträge in Ziff. IV.6. der Urkunde zunächst im Wege der Zwischenverfügung beanstandet hatte - diese Zwischenverfügung war Gegenstand des durch Rücknahme des Rechtsmittels beendeten Beschwerdeverfahrens 3 W 242/17 - hat es mit Beschluss vom 25.07.2017 den Antrag auf Zuschreibung des Grundstücks zum Erbbaurecht zurückgewiesen. Das Grundbuchamt hält eine solche Zuschreibung unter Verweis auf die Entscheidung des Kammergerichts vom 02.03.2010 (DNotZ 2011, 283 ff.) aus Rechtsgründen für unzulässig. Dagegen richtet sich die von dem Urkundsnotar für den Antragsteller eingelegte Beschwerde, die sich mit den Argumenten, die in Literatur und Rechtsprechung gegen die Zulässigkeit der Zuschreibung des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zum Erbbaurecht vorgebracht werden, im einzelnen auseinandersetzt; der Senat nimmt hierauf Bezug. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03.08.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt. In seiner Stellungnahme auf einen entsprechenden Hinweis des Senatsvorsitzenden hat der verfahrensbevollmächtigte Notar für den Antragsteller klargestellt, dass auch aus seiner Sicht das Grundbuchamt nur über den ersten der in Ziff. IV.6. der Urkunde enthaltenen Anträge, also über die Eintragung der Zuschreibung des Grundstücks zum Erbbaurecht, entschieden hat, so dass nur dieser Antrag den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet.

II. 1. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil das Grundbuchamt die beantragte Eintragung zu Unrecht abgelehnt hat. Nicht zu beanstanden ist, dass das Grundbuchamt zunächst nur über den Antrag auf Zuschreibung des Grundstücks zu dem Erbbaurecht entschieden hat, obwohl der Antragsteller sämtliche in Ziff. IV.6. enthaltenen Anträge gestellt hat. § 16 Abs. 2 GBO lässt nach Auffassung des Senats eine solche Verfahrensweise zu; auch der Antragsteller hat sich hiermit einverstanden erklärt.

2. Nach § 890 Abs. 2 BGB kann ein Grundstück dadurch zum Bestandteil eines anderen Grundstücks gemacht werden, dass der Eigentümer es diesem im Grundbuch zuschreiben lässt. Die hier zu beurteilende Rechtsfrage, ob die Bestandteilszuschreibung auch zwischen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erfolgen kann, insbesondere ob die Zuschreibung des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zum Erbbaurecht nach dieser Vorschrift rechtlich zulässig ist, ist in der Literatur seit jeher streitig. Während früher die herrschende Meinung von der Zulässigkeit einer solchen Zuschreibung ausging, haben sich insbesondere seit dem Erlass der auch vom Grundbuchamt zitierten Entscheidung des Kammergerichts vom 02.03.2010 Teile des Schrifttums der gegenteiligen Auffassung angeschlossen, die inzwischen wohl als die überwiegende gelten muss (Staudinger/Gursky (2013) § 890 Rn. 19; MünchKommBGB/Heinemann, § 11 ErbbauRG Rn. 33; Soergel/Stürner, BGB, § 890 Rn. 7; Erman/Griwotz, BGB, Vorb vor § 1 ErbbauRG Rn. 6; Palandt/Herrler, § 890 ...

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