Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die wirksame Zustellung eines Urteils bzw. Gerichtsbescheides

 

Orientierungssatz

1. Nach § 133 SGG wird bei Urteilen, die nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, die Verkündung durch Zustellung ersetzt. Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO nicht ausführbar, so kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

2. Sind diese Voraussetzungen eingehalten, so gilt das Urteil bzw. der Gerichtsbescheid als wirksam zugestellt.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Meiningen vom 1. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit einer Untätigkeitsklage nach § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), eine Entscheidung über ihren Widerspruch vom 2. September 2009 gegen den Bescheid vom 17. August 2009 und eine Verurteilung der Beklagten, ihr eine Rente auf Dauer zu gewähren.

In Ausführung eines Vergleichs vor dem Thüringer Landessozialgericht (Az.: L 6 RJ 65/03) gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Juli 2007 für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis 31. März 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2008 versagte die Beklagte der Klägerin die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. April 2008 wegen mangelnder Mitwirkung. Mit Urteil vom 20. Januar 2011 wies das Sozialgericht (≪SG≫ - Az.: S 5 R 791/08) die Klage ab. Hiergegen legte die Klägerin beim Thüringer Landessozialgericht Berufung ein (Az.: L 12 R 512/11), die noch anhängig ist.

Im August 2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 11. Juli 2007 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und begehrte eine Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Oktober 1996 - Az.: 4 RA 31/96. Mit Bescheid vom 17. August 2009 lehnte die Beklagte eine Abänderung des Bescheids vom 11. Juli 2007 und eine Neuberechnung der Rente wegen Erwerbsminderung ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 2. September 2009 Widerspruch mit der Begründung, das Rentenverfahren bezüglich der Weiterbewilligung der Rente ab 1. April 2008 sei noch nicht abgeschlossen. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2010 wies die Beklagte ihn zurück; eine Neuberechnung der Rente habe nicht zu erfolgen.

Am 20. Februar 2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 11. Juli 2007 nach § 44 SGB X mit der Begründung, sie habe Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer. Am 23. August 2011 erhob sie Untätigkeitsklage beim SG (Az.: S 5 R 2048/11). Mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 wies die Beklagte den Überprüfungsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurück. Ob die Klägerin Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. März 2008 hinaus habe, sei Gegenstand des Berufungsverfahrens (Az.: L 12 R 512/11). Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2012 wies das SG die Klage ab. Mit Urteil vom 26. Februar 2014 wies das Thüringer Landessozialgericht die Berufung zurück (Az.: L 12 R 1461/12).

Am 31. Januar 2013 hat die Klägerin beim SG Untätigkeitsklage mit der Begründung erhoben, über ihren Widerspruch vom 2. September 2009 sei noch nicht entschieden worden. Dieser richtete sich gegen die befristete Rente und den Abschluss des Vergleichs. Der Vergleich sei ungültig und entspreche keinerlei Gesetzesgrundlagen. Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2013 (unrichtig: 1. Juni 2012), der Klägerin laut Postzustellungsurkunde am 16. August 2013 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen und diesen mit maschinell erstelltem Anschreiben vom 15. August 2013 übersandt. Das Schreiben hat die Klägerin am 22. August 2013 mit Telefax an das SG zurückgeschickt und mit Anmerkungen versehen, u.a. “eine förmliche Zustellung ist keine PZU„, “Rechtsmittel: Ungültigkeit„, “habe ich kein Gesetz und keinen Paragraphen gefunden, wo ein maschinell erstellter Gerichtsbescheid (wie Urteil) vorkommt oder eine maschinell erstellte richterliche Anordnung! Weiterhin handelt es sich bei den Anschreiben um eine Kopie ohne ausreichenden Identitätsnachweis. Ich kann deshalb nicht zweifelsfrei feststellen, ob uns hier überhaupt noch ein Richter eines Gerichtes schreibt, weil die gesetzlichen Unterschriften fehlen!„.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über ihren Widerspruch vom 2. September 2009 zu entscheiden und ihr eine Rente a...

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