Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittelverzeichnis. Voraussetzungen der Eingruppierung in die Produktart 23.04.03.3. hier: Orthese zur Führung und Stabilisierung des instabilen Kniegelenks. Hersteller allein muss medizinischen Nutzen und Erfüllen der festgesetzten Qualitätsanforderungen seines Produkts nachweisen. kein einklagbarer individueller Anspruch auf Erweiterung/Fortschreibung

 

Orientierungssatz

1. Zu den Voraussetzungen der Eingruppierung eines Medizinprodukts (hier: Orthese zur Führung und Stabilisierung des instabilen Kniegelenks) in die Produktart 23.04.03.3 "Rahmenorthesen zur Führung und Stabilisierung des Kniegelenks mit Extensions-/Flexionsbegrenzung" des Hilfsmittelverzeichnisses, das bis zur Erstellung und Bekanntmachung der Produktgruppe 23 "Orthesen/Schienen" durch die früheren Spitzenverbände der Krankenkassen vom 2.6.2008 (BAnz 2008, 2143) in der Produktgruppe 05 "Bandagen" (hier: Produktart 05.04.02.2 "Bandagen mit Flexions-/Extensionsbegrenzung") gelistet war.

2. Den Nachweis dafür, dass ein bestimmtes Produkt die im Hilfsmittelverzeichnis festgesetzten Qualitätsanforderungen erfüllt und dem spezifizierten medizinischen Nutzen gerecht wird, hat allein der Hersteller zu erbringen (Anschluss an BSG vom 23.6.2016 - B 3 KR 20/15 R = SozR 4-2500 § 139 Nr 8).

3. Ein Hersteller eines Hilfsmittels kann keinen einklagbaren individuellen Anspruch darauf haben, dass das Hilfsmittelverzeichnis in seinem Sinne erweitert oder fortgeschrieben wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2019; Aktenzeichen B 3 KR 13/17 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Umgruppierung ihres Produktes …® … im Hilfsmittelverzeichnis (HMV) in die Produktgruppe 23.04.03.3, hilfsweise die Kreierung einer neuen Produktart im HMV.

Bei der …® … handelt es sich um ein Medizinprodukt zur Führung und Stabilisierung des instabilen Kniegelenkes, das in der Produktart 05.04.02.2 019 HMV (Bandagen) gelistet war. Es weist keine Rahmenkonstruktion auf; die Führungsschienen sind mit einem textilen Trägermaterial verbunden. Ab dem 2. Juni 2008 wurden bestimmte Bandagen in die Produktgruppe 23 Orthesen übernommen.

Am 8. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten den Transfer des Hilfsmittels …® … in das HMV nach § 139 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Form einer Umlistung von Produktgruppe 05 (Bandagen) in die Produktgruppe 23 (Orthesen/Schienen) und zwar in die Produktgruppe 23.04.03.3. Sie fügte u.a. eine EG-Konformitätserklärung, Prospekte und den Abschlussbericht "Ermittlung der stabilisierenden Eigenschaften von Knieorthesen im Vergleich auf der Basis eines Kniesimulators" vom 2. April 1998, erstellt im Auftrag der Klägerin durch das … Institut M. (Projektleiter: M. L.), bei.

Unter dem 16. Januar 2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der Konstruktionsmerkmale sei das Produkt der Produktart 23.04.03.2 (Knieführungsorthesen mit 4-Punkt-Prinzip und Extensions-/Reflexionsbegrenzung) zuzuordnen und lehnte mit Bescheid vom 4. Mai 2009 die beantragte Umgruppierung ab. Aufgrund der Konstruktionsmerkmale sei eine Zuordnung zu der Produktart 23.04.03.2 als sachgerecht anzusehen. Das Produkt erhalte die Position Nr. 23.04.03.2012. Das Datum der Bekanntmachung/Veröffentlichung stehe zurzeit noch nicht fest.

Hiergegen erhob die Klägerin insoweit Widerspruch, als die Eingruppierung in die Produktart 23.04.03.3 abgelehnt wurde. Sie hänge davon ab, ob die in der Produktart 23.04.03.3 ausgewiesene weitergehende Indikation von der konkreten Orthese bedient werden könne. Die Orthese …® … sei hervorragend geeignet, ein schwer oder komplex instabiles Kniegelenk zu stabilisieren und somit die funktionelle prä- oder postoperative Versorgung von Bandrupturen im Kniebereich sicherzustellen. Dies beruhe zunächst darauf, dass sie nach dem 4-Punkt-Stabilisierungsprinzip konstruiert sei und der Bewegungsumfang daher in Extension und Flexion begrenzt werden könne. Das spezielle Gestrick unterscheide sich wesentlich von den Gestricken der sonstigen Orthesen in der Produktart 23.04.03.2. Es zeichne sich dadurch aus, dass es in Querrichtung unelastisch sei, sich aber in Längsrichtung spannen lasse. Es gewährleiste eine Stabilität, die der einer klassischen Hartrahmenkonstruktion in nichts nachstehe, biete aber zusätzlich zahlreiche Vorteile gegenüber Hartrahmenorthesen der Produktart 23.04.03.3. Dies sei durch wissenschaftliche Studien hinreichend belegt. Entscheidend für die Eingruppierung sei die Indikation, nicht die Konstruktion. Sie reichte verschiedene Berichte sowie eine Studie von B. et al. vom 1. Juli 1998 ein.

In dem Gutachten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS - Dr. K.) vom 13. Oktober 2008 wird ausgeführt, dass sich die Schaffung von Produktarten nicht an Indikatione...

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