Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Übergang von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Änderungsbescheide wegen Überzahlung an den gesetzlichen Vertreter minderjähriger Kinder in der Bedarfsgemeinschaft. Wirkung der Vertretung der Bedarfsgemeinschaft. Wirksamkeit der Bekanntgabe der Verwaltungsakte. Heilung

 

Orientierungssatz

1. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage ist bei ursprünglich zulässiger Berufung möglich und keine Klageänderung iS des § 99 Abs 1 SGG.

2. Zur Wirksamkeit der Bekanntgabe von Änderungsbescheiden (Überzahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende) an alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft (Eltern und minderjährige Kinder), soweit die Änderungsbescheide an einen der beiden gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Kinder adressiert wurden und ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber dem anderen volljähriger Mitglied der Bedarfsgemeinschaft durch tatsächlichen Zugang als geheilt angesehen werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.06.2014; Aktenzeichen B 14 AS 2/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. November 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Kläger zu 1) und 2) sind Eltern der Klägerinnen zu 3) und 4). Die Klägerin zu 3) wurde am 10. Februar 2004, die Klägerin zu 4) am 13. Februar 2006 geboren. Die Kläger standen im hier streitigen Zeitraum Januar bis April 2006 im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 12. Oktober 2005 (Bl. 81 d. VwA) wurden ihnen mit Bescheid vom 17. Oktober 2005 (dieser befindet sich nicht bei den Verwaltungsakten, er wurde in der mündlichen Verhandlung durch den Beklagten vorgelegt und durch das Gericht eingesehen) für den Zeitraum November 2005 bis April 2006 Leistungen bewilligt, und zwar für Januar 2006 in Höhe von EUR 729,12, für Februar in Höhe von EUR 715,52 sowie für März und April jeweils in Höhe von EUR 678,12. Mit Änderungsbescheid vom 17. November 2005 (Bl. 87 d. VwA) wurden Leistungen wie folgt bewilligt: für Januar 2006 in Höhe von EUR 923,86, für Februar in Höhe von EUR 910,26, für März und April jeweils in Höhe von EUR 797,36.

Mit Änderungsbescheid vom 03. Mai 2006 (Bl. 203 d. VwA) wurden für Januar 2006 Leistungen in Höhe von EUR 481,82, für Februar in Höhe von EUR 352,52, für März in Höhe von EUR 87,47 und für April in Höhe von EUR 518,84 bewilligt.

Die vorgenannten Bescheide sind an die Klägerin zu 1) adressiert.

In den Verwaltungsakten befindet sich ein an die Klägerin zu 1) gerichtetes Anhörungsschreiben vom 03. Mai 2006 (Bl. 114 d. VwA) zu einer Überzahlung in Höhe von EUR 1.988,18 infolge der Anrechnung von Einkommen. Die Klägerin erhob am 19. Mai 2006 (Bl. 123 d. VwA) Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 03. Mai 2006, "woraus eine Nachzahlung von EUR 1.988,18 resultiere".

Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 21. September 2006 (Bl. 134 d. VwA), der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (2291/06) war, bewilligte der Beklagte für Januar 2006 Leistungen in Höhe von EUR 482,95, für Februar in Höhe von EUR 353,63, für März in Höhe von EUR 99,58 und für April in Höhe von EUR 530,95.

Schließlich bewilligte der Beklagte mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 29. März 2007 (Bl. 207 d. VwA) für Januar 2006 Leistungen in Höhe von EUR 482,98, für Februar in Höhe von EUR 353,64, für März in Höhe von EUR 175,09 und für April in Höhe von EUR 606,46.

Sämtliche Bescheide sind an die Klägerin zu 1) adressiert. In sämtlichen Bescheiden findet sich der Zusatz: "Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben." und: "Sind Leistungen dagegen zu Unrecht erbracht worden, wird noch geprüft, inwieweit diese zurückzuzahlen sind: Darüber erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid.".

Der Widerspruch der Klägerin vom 19. Mai 2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2007 (2291/06) "nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 21. September 2006 und vom 29. März 2007" zurückgewiesen.

Mit einem an die Kläger zu 1) und 2), an die Klägerin zu 1) zugleich als gesetzliche Vertreterin der Klägerin zu 3) gerichteten Erstattungsbescheid vom 21. April 2008 (Bl. 372 d. VwA) forderte der Beklagte unter Bezugnahme auf die Änderungsbescheide von den Klägern zu 1) bis 3) überzahlte Leistungen in Höhe von EUR 742,76 (Klägerin zu 1) bzw. in Höhe von EUR 707,35 (Kläger zu 2) und in Höhe von 360,58 (Klägerin zu 3) zurück. Über den Widerspruch der Kläger zu 1) bis 3) ist noch nicht entschieden.

Im anschließenden erstinstanzlichen Klageverfahren hat das Sozialgericht den Klägern durch Urteil vom 26. November 2008 unter Abänderung der Änderungsbescheide vom 3. Mai 2006, vom 21. September 2006 und vom 29. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2007 unter Anrechnung bi...

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