Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. Bestimmung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Terminsdauer. Unterbrechung

 

Leitsatz (amtlich)

Für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit kommt es bei der Terminsgebühr vor allem auf die Terminsdauer an. Eine Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zum Zweck der Beratung eines Verfahrensbeteiligten mit seinem Prozessbevollmächtigten ist dabei nicht abzuziehen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 7. Februar 2013 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für das Verfahren S 15 R 743/11 auf 575,37 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Meiningen (Az.: S 15 R 743/11) streitig. Der Kläger des Verfahrens erhob am 25. März 2011 selbst Klage und begehrte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach Beiziehung diverser Unterlagen holte das Sozialgericht ein orthopädisches Gutachten des Dr. S. vom 12. März 2012 ein, das am 13. März 2012 beim Gericht einging. Am 3. April 2012 zeigte der Beschwerdeführer seine Beauftragung an und beantragte Akteneinsicht sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). In der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012, die nach der Niederschrift 23 Minuten dauerte und zwecks Besprechung des Beschwerdeführers mit dem Kläger für fünf Minuten unterbrochen wurde, gewährte das Sozialgericht dem Kläger PKH ab 3. April 2012 und ordnete den Beschwerdeführer bei. Auf den richterlichen Hinweis, dass der Kläger nach dem eindeutigen Gutachten des Dr. Schmidt nicht relevant in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert sei, nahm der Beschwerdeführer die Klage zurück.

In der Kostenrechnung vom 29. Mai 2012 beantragte er die Festsetzung von 575,37 Euro:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG

 250,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

 200,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

  20,00 Euro

Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV-RVG

  13,50 Euro

Summe 

 483,50 Euro

Umsatzsteuer

 91,87 Euro

Gesamtsumme

 575,37 Euro

Unter dem 13. Juni 2012 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Betrag auf 218,37 Euro (Verfahrensgebühr 50,00 Euro, Terminsgebühr 100,00 Euro, Post- und Telekommunikation 20,00 Euro, Dokumentenpauschale 13,50 Euro, Umsatzsteuer 34,87 Euro) und führte aus, der Beschwerdeführer habe "zum Rechtsstreit" keinen Schriftverkehr gefertigt. Damit begründe nur die Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung überhaupt eine anwaltliche Tätigkeit und einen Anspruch auf die Verfahrensgebühr. Angesichts einer 18 Minuten dauernden Verhandlung komme keine höhere Terminsgebühr in Betracht.

Am 3. Juli 2012 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und unter anderem ausgeführt, die Höhe der zuerkannten Verfahrensgebühr sei nicht nachvollziehbar. Er habe das Gutachten des Dr. S. und das in der Akte enthaltene Urteil des LSG für das Saarland vom 22. Mai 2005 - L 7 R 62/05 durcharbeiten müssen. Hinsichtlich der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass in der mündlichen Verhandlung auch geklärt werden musste, in welchem Umfang eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Klageverfahren geltend gemacht werden kann. Bei dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht nur auf die reine Verhandlung abzustellen; zu berücksichtigen sei auch seine Besprechung mit dem Mandanten bei einer Sitzungsunterbrechung. Der Beschwerdegegner hat sich in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2012 den Ausführungen der Urkundsbeamtin angeschlossen.

Mit Beschluss vom 7. Februar 2013 hat das Sozialgericht die Vergütung auf 218,37 Euro festgesetzt und zur Begründung auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin verwiesen. Dass diese zu Unrecht eine Terminsdauer von 18 statt 23 Minuten angenommen habe, führe nicht zu einem unterschiedlichen Ergebnis.

Gegen den am 14. Februar 2013 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 6. März 2013 Beschwerde eingelegt und seinen erstinstanzlichen Vortrag vertieft.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Meinigen vom 7. Februar 2013 aufzuheben und die aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für das Verfahren S 15 R 743/11 auf 575,37 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Stellungnahme sei nicht erforderlich, weil die Beschwerdebegründung lediglich eine Wiederholung des Vortrags im Erinnerungsverfahren beinhalte.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 11. März 2013) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 10. April 2013 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat übertragen.

II.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebührenist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 21. Januar 2013 - L 6 SF 1578/12 B m.w.N.) und zulä...

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