Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherungsleistungen. Kosten der Unterkunft. Einstweiliger Rechtsschutz. Mietspiegel. Einkommensanrechnung. BAföG

 

Leitsatz (redaktionell)

Wurden vom SGB II-Träger die Höhe der angemessen Kosten für die Unterkunft und Heizung nicht in rechtlich zutreffender Weise ermittelt, kann im Rahmen des Eilverfahrens auf den für den Wohnort der Antragsteller geltenden Mietspiegel zurückgegriffen werden.

BAföG ist auch dann als Einkommen zu berücksichtigten, wenn es teilweise als Darlehen gewährt wird.

 

Normenkette

SGB II §§ 11, 22; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 16. Oktober 2006 wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 1. Oktober 2006 bis zum 31. Mai 2007 folgende Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - abzüglich bereits erbrachter Leistungen an die Antragsteller zu zahlen:

an die Antragstellerin zu 1:

460,00 € im Monat

an den Antragsteller zu 2:

538,00 € im Monat

an den Antragsteller zu 3:

 50,00 € im Monat

an den Antragsteller zu 4:

 75,00 € im Monat

  und

an die Antragstellerin zu 6:

202,00 € im Monat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren höhere Leistungen nach dem SGB II. Sie leben in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft in E.-Sch. in einem Einfamilienhaus mit 130 m 2 . Die Kaltmiete beträgt seit 1. April 2005 805,00 € monatlich. Nach dem Mietvertrag haben die Antragsteller Nebenkosten in Höhe von 40,00 € monatlich an den Vermieter zu zahlen. Hinzu kommt eine Vorauszahlung in Höhe von 115,00 € an die Gaswerke für die Warmwasseraufbereitung und die Heizung, Müllgebühren in Höhe von 24,20 €, Kosten für Wasser in Höhe von 47,00 € und Abwasserkosten in Höhe von 30,00 € monatlich. Die Antragstellerin zu 1 ist einkommens- und vermögenslos. Der Antragsteller zu 2 betreibt ein Callcenter, aus dem er keine Einnahmen erzielt. Von der Arbeitsagentur wurde ihm ein Existenzgründerzuschuss bewilligt. Die Antragsteller zu 3, 4 und 6 haben das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet. Für die Kinder wird Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 € monatlich gezahlt. Daneben erhalten die Antragsteller zu 3 und zu 4 Unterhalt nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von monatlich 152,00 €. Der Antragsteller zu 5 ist in Ausbildung. Er erhält ein Lehrlingsgehalt in Höhe von 240,30 € sowie von Seiten der Arbeitsagentur Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 289,00 €. Daneben wird auch für den Antragsteller zu 5 ein monatliches Kindergeld in Höhe von 154,00 € gezahlt. Der Antragsteller zu 7 studiert. Er bezieht Bafög in Höhe von 377,00 € (188,50 € davon als Darlehen). Auch für den Antragsteller zu 7 wird ein monatliches Kindergeld in Höhe von 154,00 € gezahlt.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2006 in der Fassung des Bescheides vom 6. Oktober 2006 wurden den Antragstellern ab 1. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.200,81 € und ab 1. November 2006 bis zum 30. November 2006 in Höhe von 1.160,81 € bewilligt. Leistungen für die Antragsteller zu 5 und zu 7 ergaben sich nach der Berechnung der Antragsgegnerin nicht. Für die übrigen Antragsteller wurden Kosten der Unterkunft in Höhe von 115,61 € (insgesamt also 578,25 €) ermittelt. Der Existenzgründerzuschuss blieb bei der Berechnung der Antragsgegnerin unberücksichtigt. Auch das für die Antragsteller zu 5 und zu 7 gezahlte Kindergeld wurde nicht als Einkommen der Antragstellerin zu 1 berücksichtigt.

Gegen diese Entscheidung legten die Antragsteller Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden ist. Am 22. September 2006 beantragten sie darüber hinaus im Wege einer einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen ab dem 1. Oktober 2006 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu zahlen.

Sie vertraten die Auffassung, dass die gesamten Mietkosten, auch soweit sie auf die Antragsteller zu 5 und zu 7 entfallen, von der Antragsgegnerin zu zahlen seien. Das Kindergeld für die Antragsteller zu 3 und zu 4 sei nur in Höhe von 50 % zu berücksichtigen. Bei der Anrechnung des Kindergeldes sei der Bedarf der Antragsteller zu 5 und zu 7 hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhaltes als gedeckt anzusehen. Die beiden Antragsteller seien jedoch bei den Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen, da sie zu diesen nichts beitragen könnten. Der Antragsteller zu 7 halte sich ständig zu Hause auf, da er in E. studiere. Der Antragsteller zu 5 halte sich an den Wochenenden und in den Ferien innerhalb der Bedarfsgemeinschaft auf. Insgesamt verbleibe ein ungedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung des anteiligen Kindergeldes in Höhe von 1.712,76 €. Der von Antragsgegnerin gezahlte Betrag liege ca. 500,00 € unter diesem Betrag.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 16. Oktober 2005 abgelehnt. Soweit die Antragsteller begehrten, dass das ...

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