Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Krankenversicherung. Übernahme der Fahrkosten bei stufenweiser Wiedereingliederung. keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation. keine Klärungsbedürftigkeit. keine Divergenz zu Entscheidungen zur Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Die Frage, ob bei einer stufenweisen Wiedereingliederung nach § 74 SGB V eine Erstattung von Fahrtkosten nach § 11 Abs 2 SGB 5 iVm § 53 SGB 9 bzw § 60 Abs 5 iVm § 53 Abs 1 bis 3 SGB 9 in Betracht kommt, ist nicht klärungsbedürftig, weil die höchstrichterliche Rechtsprechung ausreichend Anhaltspunkte dafür gibt, wie die Frage zu beantworten ist.

2. Die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB 5 ist keine Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 60 Abs 5 SGB 5 (zu § 40 SGB 5 vgl BSG vom 22.4.2008 - B 1 KR 22/07 R = SozR 4-2500 § 60 Nr 4 und vom 22.4.2009 - B 3 KR 5/08 R = USK 2009-21).

3. Die Ablehnung von Fahrkosten für eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung stellt keine Divergenz zum Urteil des BSG vom 5.2.2009 - B 13 R 27/08 R = SozR 4-3250 § 28 Nr 3 zur Erstattung von Krankengeld nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung dar, zumal in der gesetzlichen Krankenversicherung eine dem § 15 Abs 1 S 1 SGB 6 ("Leistungen zur medizinischen Rehabilitation") entsprechende Verweisung auf § 28 SGB 9 ("stufenweise Wiedereingliederung") gerade fehlt.

 

Tenor

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 9. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

3. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

4. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob bei einer stufenweisen Wiedereingliederung Fahrtkosten erstattet werden.

Der 1964 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war seit dem 1. September 2009 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Zustimmung der Beklagten begann der Kläger eine stufenweise Wiedereingliederung bei der (S) P GmbH & Co. KG in C, wobei diese eine Erstattung der Fahrtkosten des Klägers ablehnte. Der Kläger beantragte daraufhin am 21. Juli 2010 bei der Beklagten die Erstattung der Fahrtkosten, die ihm bei der stufenweisen Wiedereingliederung entstanden sind und noch entstehen. Mit Bescheid vom 26. Juli 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab, der eingelegte Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2010).

Im Klageverfahren bezifferte der Kläger die geltend gemachten Fahrtkosten auf 660 €. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Oktober 2012 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Fahrtkostenerstattung richte sich nach § 60 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Es lägen weder die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 SGB V noch nach § 60 Abs. 2 SGB V vor. Auch eine Fahrtkostenerstattung nach § 60 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 53 Abs. 1 bis 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) scheide aus, weil es sich bei der stufenweisen Wiedereingliederung nicht um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation gehandelt habe.

Im Beschwerdeverfahren macht der Kläger geltend, dass sich der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung aus § 11 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 53 SGB IX ergebe. Ein Ermessenspielraum sehe das Gesetz nicht vor. Darüber hinaus verweist er auf ein Urteil des 13. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Februar 2009 (Az.: B 13 R 27/08 R), wonach eine stufenweise Wiedereingliederung, wenn sie - wie bei ihm - im unmittelbaren Anschluss an eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erfolge, mit dieser einer einheitliche Maßnahme bilde. Es liege dann insgesamt eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme vor. Im Übrigen verweist er noch auf eine Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (www. einfach-teilhaben.de), auf der angegeben werde, dass die stufenweise Wiedereingliederung eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 9. Oktober 2012 zuzulassen.

2. dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sowie die Berufungsinstanz zu gewähren und ihm Rechtsanwältin A K, B, S beizuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass unter medizinischer Rehabilitation im Sinne des SGB V nur Maßnahmen nach § 40 SGB V, nicht aber die stufenweise Wiedereingliederung gefasst werden könne. Eine Fahrtkostenerstattung nach § 60 Abs. 5 SGB V scheide daher aus.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie der beigezogenen Prozessakte (S 16 KR 61/11) und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft.

Nach § 145 Abs. 1 Sat...

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