Leitsatz

  1. Möglichkeit der Beschlussfassung, im Rahmen eines Vergleichs mit dem wohngeldzahlungssäumigen Miteigentümer gegen Zahlung eines Teilbetrags die restliche Forderung zu erlassen (teilweiser Forderungsverzicht)
  2. Nichtiger Beschluss auf Ermächtigung des Beirats, eine solche Vergleichslösung auszuhandeln und für die Gemeinschaft eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen
 

Normenkette

§§ 16, 21, 28 WEG

 

Kommentar

  1. Bei dem angefochtenen Beschluss handelt es sich um eine interne Verwaltungsmaßnahme der Gemeinschaft, die eine entsprechende vertragliche Vereinbarung mit dem wohngeldsäumigen Eigentümer vorbereitet. Eine solche Vereinbarung wird dann erst von der Gemeinschaft, vertreten durch die Verwaltung, mit dem Miteigentümer abgeschlossen (hier: bei Wohngeldschulden in Höhe von ca. 48.000 DM einerseits Verpflichtung des Miteigentümers zur Teilzahlung von 10.000 DM sowie Abtretung von Mietüberschüssen an die Gemeinschaft und andererseits Verzicht auf weitergehende Forderungen hinsichtlich der bestehenden Zahlungsrückstände durch die Gemeinschaft). Damit hat ein solcher Beschluss (noch) keine rechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Schuldner. Der Beschluss ist als Ermächtigung an den Verwalter zum Abschluss eines entsprechenden Vertrags auszulegen. Die Gemeinschaft ist insoweit nicht von vornherein für eine Beschlussfassung absolut unzuständig. In diesen umstrittenen und vom Einzelfall abhängigen Fragen mit oftmals nicht leicht zu entscheidender Abgrenzung kann eine Beschlusszuständigkeit nicht davon abhängen, ob eine Maßnahme ordnungsgemäß ist (vgl. hierzu BGH v. 20.9.2000, NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771).

    Die Ansprüche selbst stehen der Gemeinschaft zu und sind auch Gegenstand der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Gemeinschaft ist damit auch befugt, im Rahmen eines Vergleichs auf einen Teilbetrag einer Forderung zu verzichten. Ein solcher Forderungsverzicht stellt keine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dar. Vielmehr geht es bei möglicher Zahlungsunfähigkeit des Schuldners um die Klärung der Frage, ob die Gemeinschaft noch auf andere Weise die gesamte Forderung mit Aussicht auf Erfolg realisieren könnte. Da insoweit das LG bisher keine Feststellungen getroffen hat, war die Streitsache zur weiteren Aufklärung an das LG zurückzuverweisen.

  2. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist allerdings nicht berechtigt, einen Miteigentümer/Beirat durch Beschluss zu ermächtigen, mit anderen Eigentümern wegen derer jeweiligen Zahlungsrückstände eine Vergleichslösung erst auszuhandeln und für die Gemeinschaft eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen. Den einzelnen Organen des Wohnungseigentumsrechts zugewiesene gesetzliche Aufgaben können diesen nicht durch Beschluss entzogen werden. Auch ein Verzicht von Wohngeldforderungen des Verbands gegen einzelne Miteigentümer gehört zu den ureigensten Aufgaben der Wohnungseigentümerversammlung. Ein Beiratsermächtigungsbeschluss würde sich als grundlegende Änderung der Organisationsform einer Eigentümergemeinschaft darstellen. Es bedürfte einer Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG, um eine derartige Befugnis auf einzelne Eigentümer übertragen zu können (vgl. bereits Senat, ZMR 2003, 864 für den Abschluss eines Verwaltervertrags).
  3. Ein Beschlussanfechtungsantrag ist i. Ü. immer (auch) auf die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Eigentümerbeschlusses gerichtet, falls dieser an einem als Nichtigkeitsgrund einzuordnenden Mangel leiden sollte. Auch mit einem Anfechtungsantrag wird das Rechtsschutzziel zum Ausdruck gebracht, eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses herbeizuführen. Nichts anderes kann gelten, wenn das Gericht erster Instanz trotz eines Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses dessen "Ungültigkeit" feststellt. Auch in einem derartigen Fall ist von Amts wegen zu prüfen, ob der Eigentümerbeschluss nichtig ist. Denn ungültig kann nur ein Eigentümerbeschluss sein, der nicht bereits nichtig ist (BGH, ZMR 2003, 943/947).
Anmerkung

Vgl. zu diesem Fall auch Beschluss des OLG Hamburg v. 26.10.2007, 2 Wx 128/03 = ZMR 2008, 225 zu einem Eigentümerbeschluss, der nicht die erforderliche Klarheit und Bestimmtheit besitzt und damit nichtig oder anfechtbar ist (Anfechtbarkeit, wenn er eine durchführbare Regelung noch erkennen lässt); weiterhin zum Handeln eines Beiratsvorsitzenden als vollmachtloser Vertreter (§ 177 BGB).

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2007, 2 Wx 110/02OLG Hamburg v. 26.10.2007, 2 Wx 110/02 = ZMR 2008, 152

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