Leitsatz

Wird ein bereits in Wohnungs- bzw. Teileigentum aufgeteiltes (mit einem Wohnzwecken dienenden Gebäude bebautes) Grundstück, das im Gebiet einer kommunalen Erhaltungssatzung liegt, vom Eigentümer sämtlicher Einheiten vollständig geändert aufgeteilt, darf das Grundbuchamt die Aufteilung nur eintragen, wenn die gemeindliche Genehmigung (oder ein entsprechendes Negativattest) vorgelegt wird.

 

Normenkette

§ 8 WEG

 

Das Problem

  1. Im Eigentum von Bauträger B steht ein Münchener Grundstück. Nach B's Teilungserklärung gibt es 2 Wohnungseigentumsrechte mit Miteigentumsanteilen zu je 500/1.000. Dabei ist der eine Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen eines im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Lagers, einem Ladengeschäft, einer Pension im 1. Obergeschoss, den Pensionszimmern im 2. Obergeschoss und einem unausgebauten Speicher. Der zweite Miteigentumsanteil ist verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Wohnungen mit Kellerabstellräumen sowie Räumen im 3. Obergeschoss.
  2. Im Jahr 2014 ändert B diese Teilungserklärung. Nach dieser sind jetzt ein Teileigentumsrecht und 15 Wohnungseigentumsrechte gebildet. Das Grundstück liegt mittlerweile im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung. Nach einer landesrechtlichen Verordnung darf in Bayern für Grundstücke im Gebiet einer Erhaltungssatzung Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht ohne Genehmigung durch die Gemeinde begründet werden. Das Grundbuchamt weigert sich daher, die Teilungserklärung umzusetzen. Es meint, es bedürfe einer Genehmigung des Sozialreferats der Landeshauptstadt München. Der beurkundende Notar legt Beschwerde ein. Er meint, B habe kein Wohnungs- und Teileigentum begründet, sondern bereits begründetes Wohnungs- und Teileigentum bloß geändert.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Der Nachtrag müsse vorher genehmigt werden. Im Bereich von Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB sei die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum (§ 1 WEG) an (bestehenden) Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, genehmigungspflichtig. § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB erfasse jedenfalls solche Änderungen, durch die neues Sondereigentum geschaffen werde (Hinweis auf Hertel DNotI-Report 1997, S. 159, 160), etwa durch Aufteilung in kleinere "Einheiten" (Hinweis unter anderem auf Hügel, GBO 2. Aufl., Verfügungsbeeinträchtigungen Rn. 56).
  2. Der Wortlaut des Gesetzes stehe dem nicht entgegen: Er spreche von "Begründung". Ein Umkehrschluss aus der Formulierung in § 22 Abs. 1 BauGB, der "die Begründung oder Teilung" von Wohnungs- oder Teileigentum der Genehmigungspflicht unterstelle, lasse sich nicht ziehen. Wenn schon der Fall der "Unterteilung" bestehenden Wohnungs- oder Teileigentums nach der ganz h.M. erfasst werde (Hinweis unter anderem auf Grziwotz, DNotZ 1997, S. 916, 937, Hertel, DNotI-Report 1997, S. 159, 160 und Hügel in Hügel, GBO 2. Aufl., Verfügungsbeeinträchtigungen Rn. 56) gelte die Genehmigungspflicht im Fall "erst recht". Gegenständlich handle es sich um eine die beiden bislang bestehenden Miteigentumsanteile erfassende Rechtsbegründung in Form einer vollständig geänderten Aufteilung, die auch nicht an die bereits im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile anknüpfe.
  3. Ohne dass es noch entscheidend wäre, spreche für dieses Gesetzesverständnis auch der Schutzzweck des Genehmigungsvorbehalts. Milieuschutzsatzungen dienten der Vermeidung nachteiliger städtebaulicher Entwicklungen, die infolge einer Veränderung in der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu befürchten seien. Nachteilig seien Entwicklungen, die darin lägen, dass wegen der Verdrängungsprozesse stadtnaher preisgünstiger Wohnraum wegfalle und an anderer Stelle Ersatzwohnraum geschaffen werden müsse, vorhandene Infrastruktureinrichtungen, die auf den Bedarf der angestammten Bevölkerung zugeschnitten seien, nicht mehr ausgelastet seien und funktionslos würden, Infrastruktureinrichtungen an anderer Stelle mit erheblichem Aufwand neu geschaffen werden müssten und bestehende Infrastruktur angepasst, verändert bzw. erweitert werden müsse. Gerade in Gebieten mit aufwertungsverdächtigem Wohnungsbestand sollten Erhaltungssatzungen Modernisierungen und Nutzungsänderungen so steuern, dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten bleibe. Denn durch Modernisierungen wie Aufteilung in Wohnungseigentum unterlägen Wohnungen einem Veränderungsdruck und führten zu einer Verdrängung angestammter Bewohner, die in ihrem Viertel keinen geeigneten und finanzierbaren Wohnraum mehr fänden.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Solange es noch keine (werdenden) Wohnungseigentümer gibt, steht es dem Alleineigentümer frei, die Teilungserklärung zu ändern oder diese aufzuheben.
  2. Hebt der Alleineigentümer seine Teilungserklärung auf, werden die bisherigen Wohnungsgrundbücher geschlossen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 WEG). Für jeden Miteigentumsanteil wird dann von Amts wegen ein (neues) besonderes Grundbuchblatt angele...

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