Leitsatz

Es ist lediglich eine Frage der Zumutbarkeit im Einzelfall, ob und inwieweit die Pflicht zur Treppenhausreinigung dem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt werden kann. Jedenfalls kann die Treppenhausreinigung gewöhnlich von jedem "normalen" Wohnungseigentümer erledigt werden; besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten sind dazu nicht erforderlich.

 

Fakten:

Die Wohnungseigentümer hatten erneut - wie auch in den Jahrzehnten zuvor - beschlossen, dass jeder Wohnungseigentümer für die Reinigung des auf ihn entfallenden Treppenhausabschnitts selbst zuständig ist. Der Beschluss wurde erfolglos angefochten. Das LG Stuttgart hält die beschlossene Regelung für ordnungsmäßig, weil sie eine entgeltliche Fremdvergabe erspart, dem einzelnen Wohnungseigentümer zumutbar ist und diesem auch durch Mehrheitsbeschluss auferlegt werden kann. Zwar sehe das Wohnungseigentumsrecht grundsätzlich nur Zahlungspflichten des einzelnen Eigentümers, nicht aber Naturalpfichten in Form konkreter Arbeitsleistungen vor. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Auferlegung solcher Pflichten ausnahmslos einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich wäre. Vielmehr sei es eine Frage der Zumutbarkeit im Einzelfall, ob und inwieweit solche Pflichten dem einzelnen Eigentümer auferlegt werden könnten. Gemessen an diesem Maßstab sei den Eigentümern die Reinigung des auf sie entfallenden Treppenabschnitts zumutbar. Die Treppenhausreinigung könne gewöhnlich von jedem "normalen" Eigentümer erledigt werden. Sollten sich einzelne Eigentümer zu einer persönlichen Erbringung der Dienste nicht in der Lage sehen, bleibe es ihnen unbenommen, den auf sie entfallenden Anteil der Reinigungsarbeiten fremd zu vergeben.

 

Link zur Entscheidung

LG Stuttgart, Urteil vom 25.3.2010 – 2 S 43/09

Fazit:

Die Entscheidungsgründe schließen mit dem süffisanten Hinweis "Man könnte sich diesbezüglich etwa vorstellen, dass diese Arbeiten gerne von einem Nachbarsjungen erledigt werden könnten, der sich damit ein ‚Taschengeld’ verdient". Die Revision wurde nicht zugelassen. Dies erfordere auch nicht die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Gerade hinsichtlich tätiger Mithilfe der Eigentümer existiert jedoch keinerlei einheitliche Rechtsprechung. Eine Entscheidung des BGH wäre bereits vor dem Hintergrund dringend erforderlich, als dieser - freilich beschränkt auf die Verpflichtung zur Entfernung einer baulichen Veränderung durch Mehrheitsbeschluss - entschieden hatte, dass den Eigentümern durch Beschluss keine persönlichen Verpflichtungen auferlegt werden können, die nicht ihre Grundlage im WEG selbst haben. Wünschenswert wäre jedenfalls, dass sich die schwäbischen Gerichte endlich von ihrer "Kehrwochen-Mentalität" verabschieden.

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