Leitsatz

Pech für Anwälte, wenn sie mit ihrem Mandanten eine pauschale Vergütung vereinbart haben, später aber feststellen, dass die Kalkulation aufgrund von Mehrarbeit nicht aufgeht. Einige arbeiten dann mit einem Trick: Für die gerichtliche Auseinandersetzung verlangen sie die gesetzlichen Gebühren on top. Doch das ist unzulässig.

 

Sachverhalt

In dem Urteilsfall hatte der Anwalt auf Bitten des Mandanten, dem es finanziell nicht gut ging, im Rechtsstreit gegen eine Bank eine Vergütungsvereinbarung über insgesamt 30.000 EUR getroffen. Als der Anwalt außergerichtlich keinen Erfolg hatte, zog er für den Mandanten vor Gericht und sicherte ihm mündlich zu, dass auch diese Tätigkeit von der Pauschale umfasst sei. Später zahlte der Mandant rund 20.000 EUR Honorar. Hinsichtlich der weiteren rund 10.000 EUR verweigerte er die Zahlung mit der Begründung, die Honorarvereinbarung sei unwirksam. Sein Ex-Anwalt klagte nicht nur die fehlenden 10.000 EUR ein, sondern forderte gleich noch weitere 80.000 EUR – und zwar an gesetzlichen Gebühren, ausgehend von dem hohen Gegenstandswert der gerichtlichen Auseinandersetzung.

Begründung: Sei eine Vergütungsvereinbarung unwirksam, könne es dem Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verwehrt werden, anstelle des unwirksam vereinbarten Honorars die gesetzlichen Gebühren auch in darüber hinausgehender Höhe zu verlangen. Etwas anderes gelte gem. § 242 BGB nur, wenn der Rechtsanwalt z.B. zu Werbezwecken mit einer geringen Vergütung werbe, um so Mandanten "einzufangen". Hier sei es aber der Mandant gewesen, der um den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung dringend gebeten habe, weil er in Anbetracht seiner relativ angespannten finanziellen Situation die wegen des Gegenstandswerts hohen gesetzlichen Gebühren gescheut habe. Auch habe sich ausschließlich der Mandant auf die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung berufen. Das Landgericht hat dem Anwalt allerdings nur rund weitere 10.000 EUR Honorar zugestanden und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Dieses Ergebnis hat das OLG im Wesentlichen bestätigt. Der Grund: In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Rechtsanwalt gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er unter Berufung auf das anwaltliche Gebührenrecht nachträglich Gebühren geltend macht, auf die er ursprünglich durch Abschluss einer gegen eben dieses Gebührenrecht verstoßenden und daher unwirksamen Vergütungsvereinbarung verzichtet hat. Soweit sich der Anwalt darauf beruft, dass es der Mandant gewesen sei, der aufgrund seiner angespannten finanziellen Situation um Abschluss einer Vergü­tungsvereinbarung gebeten habe, und dass er ihm entgegen gekommen sei, ist dies laut Richterspruch unerheblich.

Es sei ausschließlich Sache des fachkundigen Rechtsanwalts, beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung auf die Einhaltung des anwaltlichen Gebühren- und Standesrechts zu achten. Der Mandant muss sich auf die vom Anwalt vorgeschlagene Honorarregelung verlassen und seine wirtschaftlichen Dispositionen hierauf einrichten können; er ist in seinem Vertrauen, dass für die Tätigkeit des Anwalts keine höheren Gebühren anfallen als vereinbart, schutzwürdig. Dem Gesetzgeber sei diese Rechtsprechung bei Erlass von § 4b RVG ausweislich der Gesetzesbegründung auch bekannt; er habe keinen Anlass gesehen, hieran etwas zu ändern.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deswegen, weil es hier der Mandant war, der sich zuerst auf die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung berufen hat. Allein dieser Umstand lasse die vorgenannten Gründe, die die Abrechnung einer über die getroffene Vereinbarung hinausgehenden gesetzlichen Vergütung als treuwidrig erscheinen lassen, nicht entfallen. Eine Ausnahme von dem dargestellten Grundsatz sei allenfalls gerechtfertigt, wenn der Mandant arglistig gehandelt hat, z.B. durch falsche Angaben veranlasst hat, dass ein Erfolgshonorar trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 RVG vereinbart worden ist. Hierfür gab es keine Anhaltspunkte.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Urteil vom 02.05.2012, 15 U 2929/11.

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