Leitsatz der Redaktion

Hat eine vermietete Wohnung in einem Mehrfamilienhaus einen eigenen Stromzähler, ist in der Regel der Mieter und nicht der Hauseigentümer Vertragspartner des Stromversorgers.

Das Problem

Ein Energieversorger verlangt vom Eigentümer eines Mehrfamilienhauses die Zahlung von Stromkosten für eine der im Haus gelegenen Wohnungen sowie die Kosten für einen erfolglosen Sperrversuch. Die Wohnung war vermietet. Im Mietvertrag war vereinbart, dass die Mieter mit dem Versorger direkt einen Vertrag über die Stromversorgung abschließen. Der Stromverbrauch in dem Haus wird über Zähler erfasst, die jeweils einer bestimmten Wohnung zugeordnet sind.

Die Entscheidung

Der Eigentümer des Hauses muss nicht für die Stromkosten aufkommen, weil zwischen ihm und dem Versorger kein Stromlieferungsvertrag zustande gekommen ist.

Das konkludente Angebot des Versorgers auf Abschluss eines Versorgungsvertrags richtete sich bei der gebotenen Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des Empfängers nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter der Wohnung.

Im Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags zu sehen. Diese wird von demjenigen konkludent angenommen, der aus dem Leitungsnetz Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Ein nicht gewollter vertragsloser Zustand soll hierdurch vermieden werden.

Empfänger des Vertragsangebots ist derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Das kann auch ein Mieter oder Pächter sein. Unerheblich ist hierbei, ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist.

Somit kommt es maßgeblich darauf an, wer den Strom verbraucht. Der Vertrag soll regelmäßig gerade mit der Person begründet werden, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt in der Lage ist, die angebotene Energie zu entnehmen. Bei einer vermieteten Wohnung ist dies typischerweise der Mieter.

Dementsprechend war hier der Mieter der Adressat des Vertragsangebots. Nur diesem stand aufgrund des Mietvertrags die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Versorgungseinrichtungen in der Wohnung zu. Zudem wurde der Verbrauch in der Wohnung über einen eigenen Zähler erfasst, sodass der Versorger den Verbrauch individuell zuordnen konnte. Demzufolge musste der Hauseigentümer, der ohnehin nicht die Möglichkeit hatte, über diesen Zähler Strom zu verbrauchen, die Zurverfügungstellung des Stroms nicht als ein an ihn gerichtetes Vertragsangebot verstehen.

Schließlich ist bei der Beurteilung die Praxis zu berücksichtigen, dass bei Mietwohnungen, die mit einem eigenen Stromzähler ausgestattet sind, üblicherweise der Mieter den Stromlieferungsvertrag direkt mit dem Versorger abschließt. Damit wird der Umweg über den Vermieter und die Betriebskostenabrechnung eingespart.

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 27.11.2019, VIII ZR 165/18

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