Leitsatz

  1. Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5, Alternative 2 WEG nur bei Abstimmungen über Beschlussgegenstände hinsichtlich verfahrensrechtlicher Maßnahmen (insb. über Einleitung eines Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und Fragen verfahrensrechtlicher Beendigung)
  2. Dass eine Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann, genügt nicht
 

Normenkette

§ 25 Abs. 5, Alt. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Das Stimmrecht gehört zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte (BGH, Urteil v. 10.12.2010, V ZR 60/10, NJW 2011 S. 679, 681). Schon aus teleologischen Erwägungen kann hier ein Stimmrecht als wesentliches Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden (BGH, Beschluss v. 19.9.2002, V ZB 30/02). So erfasst das Stimmrechtsverbot des § 25 Abs. 5 WEG nur bestimmte Fälle schwerwiegender Interessenkollisionen, in denen die – sonst legitime – Verfolgung auch privater Sonderinteressen bei der Willensbildung der Eigentümer nicht mehr hinnehmbar erscheint. Das Gesetz will verhindern, dass ein Prozessgegner auf das Ob und Wie einer gegen ihn gerichteten Prozessführung Einfluss nehmen kann (vgl. auch zutreffend LG München I, NJW-RR 2011 S. 374, 375). Daher scheidet eine Beteiligung an der Abstimmung über alle Beschlussgegenstände aus, die verfahrensbezogene Maßnahmen betreffen, worunter insbesondere Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung fallen.
  2. Vom Stimmrechtsverbot sind allerdings nicht Abstimmungen betroffen über Gegenstände, die kein verfahrensrechtliches Verhalten betreffen. Dies gilt selbst dann, wenn die nicht auf verfahrensrechtliche Maßnahmen bezogene Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann (vgl. auch BayObLG, WuM 1997 S. 565). Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil solche Beschlüsse dem bereits angestrengten Prozess nicht notwendig die materiell-rechtliche Grundlage entziehen. Vorliegend ging es um die Gestattung vorgenommener baulicher Veränderungen und die Anfechtung solcher Beschlüsse unter Hinweis auf eingetretene Nachteilswirkungen. Das vorausgehende Beseitigungsklageverfahren erledigt sich auch nicht durch erfolgreiche Anfechtung des Gestattungsbeschlusses. Bei dem Gestattungsbeschluss durfte hier der baulich ändernde Eigentümer mitstimmen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 14.10.2011, V ZR 56/11

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge