Zusammenfassung

 
Überblick

Im Arbeitsrecht ergeben sich einige Sachverhalte, die dem Mandanten in steuerlicher Hinsicht helfen können. So kann der Anwalt (er darf steuerlich unbegrenzt beraten) beispielsweise bei sich abzeichnenden Kündigungen im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen schon positiv auf die Folgen der Arbeitslosigkeit einwirken, indem er u. U. zu einem Lohnsteuerklassenwechsel rät. Solche Tipps binden den Mandanten an die Kanzlei und schützen den Anwalt vor möglichen Regressansprüchen. Insbesondere der "normale" Arbeitnehmer freut sich über steuerliche Hinweise. Im Zusammenhang mit der Gestaltung von Arbeitsverträgen mit nahen Angehörigen muss der Anwalt die gängige Rechtsprechung kennen. Bei Abschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführer-Anstellungsvertrags muss der Anwalt das Thema "verdeckte Gewinnausschüttung" im Auge haben.

1 Steuerliche Folgen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1.1 Lohnsteuer und Arbeitslosengeld

Für Bezieher von Arbeitslosengeld hat die Wahl der Steuerklasse[1] direkte finanzielle Folgen. Die Höhe der Zahlungen richtet sich nach dem letzten Nettolohn, der von der Steuerklasse abhängt. Arbeitnehmer mit Steuerklasse V erhalten geringere Leistungen als diejenigen mit gleichem Bruttolohn in Steuerklasse III oder IV. Wenn einem Ehepartner/eingetragenem Lebenspartner[2] die Arbeitslosigkeit droht, kann ein Wechsel der Steuerklassenkombination ein höheres Arbeitslosengeld bringen. Bei einem Wechsel der Steuerklasse IV auf die Steuerklasse V wird beim weiterhin beschäftigten Ehepartner mit der Steuerklasse V zwar mehr Lohnsteuer einbehalten; diese wird aber bei Abgabe der Einkommensteuererklärung teilweise wieder vom Finanzamt erstattet. Das Arbeitslosengeld bei dem anderen Ehepartner würde aber höher liegen. Anträge zum Steuerklassenwechsel sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk die Ehepartner im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz haben.[3]

 

Lohnsteuerklassenwechsel schon bei drohender Kündigung beantragen

Eine vor Jahresbeginn getroffene Steuerklassenwahl (späteste Antragsfrist 30.11.) wird bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen von der Agentur für Arbeit grundsätzlich anerkannt.[4] Im Übrigen prüft die Agentur für Arbeit regelmäßig die Zweckmäßigkeit des Lohnsteuerklassenwechsels (aus ihrer Sicht).

Die Verpflichtung des Gesetzgebers, Ehe und Familie unter besonderen Schutz zu stellen, verbietet es nicht, die die Eheleute bevorzugende Ausnahmeregel zum Wechsel der Steuerklassen auf den einmaligen Wechsel im Laufe eines Kalenderjahrs zu beschränken. Eheleute, die die Begünstigung durch den Wechsel der Steuerklassen in Anspruch nehmen, müssen die Folgen eines solchen Wechsels bedenken. Die Nutzung von Steuervergünstigungen bleibt grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Steuerpflichtigen.[5]

Arbeitslosengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt, wird also "mittelbar" besteuert.[6]

[1] BMF, Schreiben v. 14.2.2023: Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2023 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind; aktualisierte Fassung vor dem Hintergrund der Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022.
[4] Zur Zweckmäßigkeit des Lohnsteuerklassenwechsels: www.arbeitsagentur.de.

1.2 Abfindung und Einkommensteuer

Der Anwalt sollte seinem Mandanten schon vor oder während des Arbeitsgerichtsprozesses beraten, dass dieser steuerliche Beratung einholt, damit eine mögliche Abfindung tatsächlich vom Finanzamt ermäßigt besteuert wird.[1]

Bei der Abfindung greift die sog. Fünftel-Regelung[2]: Die Abfindung wird fiktiv auf 5 Jahre verteilt, um zu einem ermäßigten Steuersatz für den Arbeitnehmer zu kommen.

 
Achtung

BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Entlassungsentschädigungen

Eine steuerbegünstigte Entschädigung setzt voraus, dass an Stelle der bisher geschuldeten Leistung eine andere tritt. Diese andere Leistung muss auf einem anderen, eigenständigen Rechtsgrund beruhen. Ein solcher Rechtsgrund wird regelmäßig Bestandteil der Auflösungsvereinbarung sein; er kann aber auch bereits bei Abschluss des Dienstvertrags oder im Verlauf des Dienstverhältnisses für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens vereinbart werden. Eine Leistung in Erfüllung eines bereits vor dem Ausscheiden begründeten Anspruchs des Empfängers ist keine Entschädigung, auch wenn dieser Anspruch in einer der geänderter Situation angepassten Weise erfüllt wird.[3] Eine Entschädigung setzt zwingend den Verlust von Einnahmen voraus, mit denen der Arbeitnehmer bei ungestörtem Verlauf des Arbeitsverhältnisses hätte rechnen können.

Der BFH muss sich mit der Frage beschäftigen, ob Abfindungen, die als Entschädigungsleistungen für den Verlust von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit geleistet werden, zur Vermeidung eines Zuflusses bei den Arbeitnehmern in wirksamer Weise in Zeitwertkonten (Wertguthaben) zugeführt bzw. auf die Deutsche Rentenversicherung Bund steuerfrei übertragen werden können.[4]

Wird ein Teil der Abfindung...

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