Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist.

Regeln zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"), liegt keine freigebige Zuwendung vor.[1]

Der BFH muss prüfen, ob die Gegenleistung, die ein Ehegatte dafür erhält, dass er im notariellen Ehevertrag auf Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, nachehelichen Unterhalt und Ansprüche aus Hausratsteilung verzichtet, eine freigebige Zuwendung darstellt bzw. ob der Verzicht eine Gegenleistung ist, die nicht in Geld veranschlagt werden kann.[2]

Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage. Wer lediglich über einen Eigentumsverschaffungsanspruch verfügt, aber nicht Eigentümer ist, kann das Eigentum nicht im Wege der Schenkung übertragen.[3]

Die Übertragung eines Grundstücks gegen Zurückbehaltung eines Nießbrauchs zugunsten des Schenkers und seiner Ehefrau stellt keine Zuwendung zugunsten der Ehefrau dar, wenn sich aus den tatsächlichen Umständen eine Alleinberechtigung des Ehemannes dadurch ergibt, dass die Mieterlöse auf ein nur diesem zustehendes Konto fließen, dieser mit den Mitteln eigenes Vermögen anspart und keine Zahlungsbewegungen zugunsten der Ehefrau erkennbar sind.[4]

 
Hinweis

Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen und kann nicht als fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an diesen besteuert werden.[5]

Hat ein Erblasser einem Bedachten eine Leistung schenkweise versprochen, ohne die hierfür erforderliche Form nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB einzuhalten, und wird das formnichtige Schenkungsversprechen nach seinem Ableben durch Bewirkung der versprochenen Leistung aus seinem Vermögen vollzogen, ist der Erblasser Zuwendender i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.[6]

Vorsicht bei Vorschenkungen

Die in einer Schenkungsteuererklärung enthaltene unzutreffende Angabe, vom Schenker keine Vorschenkungen erhalten zu haben, stellt sowohl für die Besteuerung der Schenkung, auf die sich die Erklärung bezieht, als auch für diejenige der Vorschenkungen eine unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO dar.[7]

[1] BFH, Urteil v. 1.9.2021, II R 40/19, BFH/NV 2022 S. 289.
[2] FG Hamburg, Urteil v. 23.9.2020, 3 K 136/19, EFG 2023 S. 564, Rev. eingelegt, Az. beim BFH II R 48/21.
[3] FG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.11.2018, 7 K 1602/18, rkr., BFH, Urteil v. 16.9.2020, II R 33/19, BFH/NV 2021 S. 317; Hessisches FG, Beschluss v. 20.11.2017, 1 V 10/17, rkr., EFG 2018 S. 312, Begrenzung der Nießbrauchslast im Rahmen der Ermittlung der Teilentgeltlichkeit einer gemischt-freigebigen Zuwendung.

3.1 Gemischte Schenkung

 

Schenkungssteuer auch bei gemischter Schenkung

Eine gemischte Schenkung liegt bei der Übertragung von Grundstücken mit Lasten und anderen Verbindlichkeiten vor. Ein typisches Beispiel ist die Schenkung von Grundbesitz mit darauf noch lastenden Restschulden (Hypothek) oder einer Zuzahlung des Beschenkten an den Schenker oder Dritte oder die Erfüllung einer Auflage.[1]

Ein Vater überträgt seiner Tochter ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 800.000 EUR. Der Steuerwert nach BewG soll 800.000 EUR betragen. Die Tochter zahlt dem Vater 300.000 EUR, weil dieser sich in ein Heim mit betreutem Wohnen "einkaufen" will. Es handelt sich um eine gemischte Schenkung. Als freigebige Zuwendung gilt der Wert, um den der Steuerwert des Grundstücks den Wert der Gegenleistung überschreitet. Damit beträgt der Wert der Bereicherung 500.000 EUR (800.000 EUR abzüglich 300.000 EUR Gegenleistung). Nach Abzug des persönlichen Freibetrags i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG von 400.000 EUR sind mithin 100.000 EUR von der Tochter als steuerpflichtiger Erwerb zu versteuern.

Übernimmt die Tochter die allgemeinen Erwerbsnebenkosten, wie z. B. für Notar, Grundbuch, sind diese Kosten in vollem Umfang als Minderung der Bereicherung zu berücksich...

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