Die steuerpflichtigen Vorgänge sind abschließend geregelt.[1] Relevant sind vor allem der Erwerb von Todes wegen[2] (Erbanfall[3], Vermächtnis[4] und geltend gemachter Pflichtteilsanspruch[5]). Für die Erbschaftsteuer ist der Vermögensanfall aber nur relevant, wenn und soweit er sich für den Empfänger wirtschaftlich günstig auswirkt, ihm also einen Vermögensvorteil (zahlen-/wertmäßige Bereicherung) unentgeltlich verschafft. Bereichert ist der Erbe immer, wenn er schuldenfreies Vermögen erhält, z. B. Bargeld, Schmuck, unbelastetes Grundvermögen, Gemälde. Der Umfang der Bereicherung richtet sich grundsätzlich nach dem tatsächlichen Wert der Vermögensgegenstände, die der Erbe erhält.

 
Hinweis

Sachverständigenkosten zur Ermittlung des Grundstückswerts als Nachlassverbindlichkeit

Die Aufwendungen für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts[6] eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks sind als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen anfallen.[7]

Erbschaftsteuer fällt für den gesamten Erwerb aus In- und Ausland aus dem Nachlass des inländischen Erblassers[8] und für alle Erwerbe von Inländern an, die von einem ausländischen Erblasser/Schenker stammen und, wenn weder Erblasser noch Erwerber Inländer sind, auf das im Inland befindliche Vermögen i. S. v. § 121 BewG.[9]

Durch Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer soll vermieden werden, dass Nachlassvermögen von Erblassern in mehreren Staaten der Erbschaftsteuer unterliegt.[10]

Die Steuer entsteht bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers, bei Abfindungen für den Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses mit dem Zeitpunkt des Verzichts oder der Ausschlagung.

Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, die für die Erbschaftsteuer regelmäßig 4 Jahre beträgt (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Nach § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO beginnt für die Erbschaftsteuer die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 oder Abs. 2 AO bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat (Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist). Mit der einmal erlangten Kenntnis ist die Wirkung des § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO verbraucht und eine Verlängerung der Anlaufhemmung nicht mehr möglich. Unerheblich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt die (zuständige) Finanzbehörde vom Erwerb von Todes wegen Kenntnis erlangt hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die gerade nicht auf die Kenntnis der Finanzbehörde abstellt.[11]

[6] BFH, Urteil v. 24.10.2017, II R 40/15, BFH/NV 2018 S. 354.
[8] EuGH, Urteil v. 17.10.2013, Rs. C-181/12 (Welte), BFH/NV 2013, S. 2046 L: Europarechtswidrige Benachteiligung eines im Drittlandsgebiet ansässigen beschränkt steuerpflichtigen Erben.
[10] Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) können die aktuellen Doppelbesteuerungsabkommen bezüglich der Erbschaftsteuer eingesehen werden; BFH, Urteil v. 19.6.2013, II R 10/12, BFH/NV 2013 S. 1491: Die Erbschaftsteuer, die ein ausländischer Staat auf den Erwerb von Kapitalvermögen erhebt, das ein inländischer Erblasser in dem Staat angelegt hatte, ist bei Fehlen eines DBA weder auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen noch als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Führt die Doppelbesteuerung zu einer übermäßigen, konfiskatorischen Steuerbelastung, kann eine Billigkeitsmaßnahme geboten sein.
[11] BFH, Urteil v. 27.4.2022, II R 17/20, BFH/NV 2022 S. 901.

1.1.1 Erbanfall

Jede Person, die aus einer Erbschaft etwas erwirbt, unterliegt der Erbschaftsteuer (Erbanfallsteuer). Ob und in welcher Höhe tatsächlich Erbschaftsteuer anfällt, richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad[1] zum Erblasser, den damit in Zusammenhang stehenden Steuerklassen[2] und steuerlichen Freibeträgen[3] und dem Wert des Nachlasses.[4]

 

Abfindungszahlungen für Ausschlagung der Erbschaft muss versteuert werden

Als vom Erblasser zugewendet gilt auch, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder eines Vermächtnisses oder anstelle eines anderen in § 3 Abs. 1 ErbStG genannten Erwerbs gewährt wird.[5]

Der Erwerb i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG durch Erbanfall ist allein der durch Erbfolge eingetretene (dingliche) Vermögenszuwachs. Der Erwerb "aufgrund" eines Erbfalles wird durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht erfasst. Die Abfindung, die der weichende Erbprätendent aufgrund eines Prozessvergleichs vom zuletzt eingesetzten Alleinerben dafür erhält, dass er die Erb...

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