LfSt Bayern, 14.11.2013, S 0166.1.1 - 5/6 St 42

 

1. Allgemeines

Das Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Kind eines alleinerziehenden Elternteils eine staatliche Unterhaltsleistung erhält, wenn der unterhaltspflichtige, familienferne Elternteil keinen oder nicht den vollen Kindesunterhalt aufbringt. In diesen Fällen erbringen die Leistungsträger nach dem UhVorschG (in Bayern die Jugendämter bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten) zur Sicherung des Unterhalts der Kinder Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen aus öffentlichen Mitteln. Hat das nach § 1 UhVorschG berechtigte Kind für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem es nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeitiger Gewährung nach § 2 Abs. 3 UhVorschG als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch auf das leistende Bundesland über (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UhVorschG).

 

2. Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen

Nach erfolgtem Übergang des Anspruchs kommt eine Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen des familienfernen Elternteils in Betracht. Die Aufrechnung mit Forderungen, die nicht aus einem Steuerschuldverhältnis stammen, gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ist rechtmäßig und regelmäßig auch nicht rechtsmissbräuchlich (BFH-Beschluss vom 6.8.1985, VII B 3/85, BStBl 1985 II S. 672).

Voraussetzung für eine wirksame Aufrechnung nach §§ 226 Abs. 1 AO, 387 BGB ist unter anderem die Gegenseitigkeit der Forderungen. Diese ist bei auf das Land übergegangenen Ansprüchen nach dem UhVorschG und Steuererstattungsansprüchen des familienfernen Elternteils gewahrt, wenn beide Ansprüche von demselben Bundesland verwaltet werden (§ 226 Abs. 4 AO). Sobald der familienferne Elternteil aber in einem anderen Bundesland seinen Wohnsitz innehat, ist die Gegenseitigkeit nicht mehr gegeben.

 

3. Ausdehnung der Aufrechnungsmöglichkeit auf das gesamte Bundesgebiet

Diese fehlende Gegenseitigkeit kann durch Abtretung der Ansprüche nach dem UhVorschG an das Bundesland hergestellt werden, in dem der familienferne Elternteil wohnhaft ist. Nach erfolgter Abtretung ist es möglich, dass das zuständige Wohnsitzfinanzamt die Ansprüche nach dem UhVorschG mit Steuererstattungsansprüchen aufrechnet und danach den Aufrechnungsbetrag dem Leistungsträger nach dem UhVorschG überweist.

 

4. Annahme der Abtretung

Nach Eingang derartiger Abtretungsanzeigen vom Leistungsträger nach dem UhVorschG ist. diese mittels der Vorlage „Antwort auf Abtretungserklärung (UhVorschG)” anzunehmen (Ordner Arbeitnehmerstelle bzw. Veranlagung/Bearbeitung Verwaltungsakte” sowie Ordner Finanzkasse/4) für Buchhaltung 1 und 2/4a) Aufrechnung. Die Annahme ist jedoch abzulehnen, soweit der familienferne Elternteil nicht oder nicht mehr beim Wohnsitzfinanzamt steuerlich erfasst ist.

Durch die Annahme der Abtretung wird gleichzeitig die Rückabtretung nach einem bzw. zwei Jahren vereinbart, soweit innerhalb des jeweils vom abtretenden Leistungsträger festgelegten Zeitraums die Aufrechnung nicht möglich ist. Auf dem Abtretungsformular der Leistungsträger ist hierfür folgender Passus enthalten: „Sofern eine Aufrechnung in Höhe des abgetretenen Anspruchs innerhalb von einem/zwei Jahr(en) nicht möglich ist, wird hiermit gleichzeitig die Rückabtretung dieser Ansprüche vereinbart”.

Bei Annahme der Abtretung wird der Leistungsträger weiterhin ermächtigt, die abgetretene Forderung einzuziehen, im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen und zu vollstrecken. Durch diese im Vordruck vorgesehene Gestaltung soll es dem Leistungsträger trotz der erfolgten Abtretung ermöglicht werden, weiterhin selbst Beitreibungsmaßnahmen durchführen zu können.

 

5. Setzen von Sperrvermerken nach Annahme der Abtretung

Nach Annahme der Abtretung ist die Setzung von VE- und VU-Sperren zu veranlassen. Da die Abtretungen nur für einen Zeitraum von ein bzw. zwei Jahren gelten, sind nach erfolglosem Ablauf dieses Zeitraums die Sperren wieder zu löschen.

 

6. Beachtung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO)

Bei einer Aktenabgabe während der Gültigkeit der Abtretung ist die Behörde, die den Unterhaltsanspruch abgetreten hat, lediglich darüber zu informieren, dass der abgetretene Anspruch wegen der Aktenabgabe nicht weiterverfolgt werden kann. Es ist wegen § 30 AO nicht zulässig, den Leistungsträgern den neuen Aufenthaltsort oder das neu zuständige FA mitzuteilen.

 

7. Aufrechnung gegen abgetretene Steuererstattungsansprüche

Bei der Aufrechnung mit einer von einem anderen Land an den Freistaat Bayern abgetretenen Unterhaltsforderung gegen einen abgetretenen Steuererstattungsanspruch (Aufrechnung nach § 406 BGB) ist der Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeige für den Unterhaltsanspruch als Zeitpunkt des Erwerbs der Forderung maßgebend.

 

Normenkette

AO 1977 § 46;

UnterhVG § 7 Abs. 1 Satz 1

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