Für die Haftung des Testamentsvollstreckers enthält § 2219 BGB eine eigene, spezielle Regelung.[1]

Allen Erben (auch Nach- und Schlusserben) und dem Vermächtnisnehmer gegenüber haftet der Testamentsvollstrecker für schuldhafte Pflichtverletzungen, die aus seiner freien Stellung entstehen und durch die er gegenüber den Erben/Vermächtnisnehmern Schuldner eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ist.

Die Haftung des Testamentsvollstreckers nach § 2219 BGB setzt eine objektive Verletzung der ihm obliegenden Pflichten und ein subjektives Verschulden voraus. Beide Anspruchsvoraussetzungen sind von den Anspruchstellern zu beweisen.

Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung sind die dem Testamentsvollstrecker durch das Gesetz auferlegten Pflichten und die ausdrücklichen Anordnungen des Erblassers, nicht jedoch die Weisungen der Erben.

Wurde von einem Erblasser eine Testamentsvollstreckung angeordnet, bezieht sich diese auch auf ein zum Nachlass gehörendes Grundstück. Das bedeutet, dass keiner der Miterben zum Zweck der Aufhebung der Erbengemeinschaft die Teilungsversteigerung des Grundstücks veranlassen kann. Dies ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Testamentsvollstreckers möglich. Ein Anspruch auf ein entsprechendes Handeln des Testamentsvollstreckers steht weder den Miterben noch dessen Gläubigern zu.[2]

Auch der mutmaßliche Wille des Erblassers kann bei der Ermittlung der Pflichten des Testamentsvollstreckers eine Rolle spielen.

Eine objektive Pflichtverletzung liegt immer vor, wenn der Testamentsvollstrecker bei seinen Verfügungen über den Nachlass und beim Eingehen von Verbindlichkeiten für den Nachlass[3] die Grenzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2216 BGB) überschritten hat.

 
Praxis-Beispiel

Nicht ordnungsgemäße Verwaltung

Eine objektiv nicht ordnungsgemäße Verwaltung liegt vor, wenn der Testamentsvollstrecker

  • erkennbar kostenträchtige, überflüssige bzw. durch eigene persönliche Interessen beeinflusste Prozesse führt,
  • die Auseinandersetzung verzögert,
  • Geldeinlagen bei unzuverlässigen Banken tätigt,
  • Objekte versteigert, obwohl ein freihändiger Verkauf einen Mehrerlös gebracht hätte,
  • eine unnötige Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH vornimmt.

Der Testamentsvollstrecker haftet nur bei Verschulden, also nach § 276 Abs. 1 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Für das Verschulden eines etwaigen Erfüllungsgehilfen – Mitarbeiter – hat er einzustehen (§ 278 BGB).

Die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers muss für den entstandenen Schaden ursächlich gewesen sein, d. h. es muss immer verglichen werden, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten – bezüglich der Vermögenslage – im Verhältnis zum Zustand nach pflichtwidrigen Verhalten des Testamentsvollstreckers.

 
Wichtig

Keine Haftungsbefreiung für den Testamentsvollstrecker

Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker nicht von der Haftung befreien (§ 2220 BGB). Dies gilt auch für eine mittelbare Befreiung: z. B. bei einer Abmilderung des Haftungsmaßstabs.

Allerdings kann der Erbe dem Testamentsvollstrecker – außer bei Vorsatz – die Haftung durch individuelle Vereinbarung erlassen und nachträglich auf einen Schadensersatzanspruch verzichten.

Bei einer Mehrheit von Erben bedarf der Erlass bzw. der Verzicht der Zustimmung aller Erben, sofern es sich nicht um Ansprüche wegen Schädigung eines einzelnen Miterben handelt, auf die der Miterbe allein verzichten oder diese erlassen kann.

Beim Testamentsvollstrecker ist bezüglich des Verschuldens nicht auf die allgemein objektive Betrachtung abzustellen, sondern speziell auf die Sorgfalt, die gerade vom Testamentsvollstrecker im Hinblick auf seine Vorbildung, seine berufliche Tätigkeit etc. bei gewissenhafter Amtsführung zu erwarten ist.

Ein mitwirkendes Verschulden des Erben am Schaden wirkt sich gem. § 254 BGB haftungsmindernd zugunsten des Testamentsvollstreckers aus.

Bei Steuerberatern ist das Risiko der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker grundsätzlich mit von der Berufshaftpflichtversicherung gedeckt, soweit diese nicht überwiegend ausgeübt wird.[4] Allerdings empfiehlt es sich, die Versicherung in jedem einzelnen Fall vor Übernahme des Amts um Klärung bezüglich des Deckungsumfangs und der Deckungssumme zu bitten und ggf. bei besonders schwierigen Testamentsvollstreckungen eine zusätzliche einzelfallbezogene Versicherung abzuschließen. Mit deren Kosten kann in der Regel der Nachlass belastet werden (§§ 2218, 670 BGB).

Wenn der Steuerberater im Rahmen der Tätigkeit faktisch als voll haftender Unternehmer handelt, ist das regelmäßig nicht von der Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung gedeckt. Hier muss der Steuerberater den Abschluss einer gesonderten speziellen Versicherung in Erwägung ziehen.

Ein Testamentsvollstrecker haftet nicht, wenn er aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen ein Verschaffungsvermächtnis nicht erfüllen kann.[5]

Eine objektive Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers ist nicht bereits deshalb zu bejahen, weil dieser zu seinen Gunsten den ihm seiner ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge