3.1.1 Wesentliche Grundsätze

Mit der BGH-Entscheidung vom 11.11.2004[1] wurde klargestellt, dass die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker als solches keine Rechtsberatung darstellt.

Die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ist aber primär eine betriebswirtschaftliche Beratung, bei der rechtliche Fragen lediglich mitzubeurteilen sind. Der BGH führt hierzu aus: Ein Testamentsvollstrecker "kann in wesentlichem Umfang auch nur einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, wenn er den Nachlass in Besitz nimmt, die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten bewertet und Verbindlichkeiten erfüllt sowie Nachlassgegenstände veräußert".

3.1.2 Besonderheiten

Für den Steuerberater ergibt sich bei der Übernahme der Testamentsvollstreckung immer das Problem, dass er nicht die Grenzen einer Rechtsberatung überschreiten darf. Bei der Bewältigung der Aufgaben eines Testamentsvollstreckers fallen zum Teil Aufgaben der verbotenen Besorgung fremder Rechtsberatung an.

Auch hier kann dem BGH-Urteil entnommen werden, dass der Erblasser die Auswahl des Testamentsvollstreckers zwar häufig nicht im Hinblick auf dessen rechtliche Kenntnisse vornimmt, sondern aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses oder aufgrund dessen wirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten.

Auch nach Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes muss der Steuerberater sorgfältig darauf achten, dass er rechtliche Beratung etc. unterlässt.

Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 RDG ist zu entnehmen, dass nur die "im Zusammenhang" mit der Testamentsvollstreckung stehenden Rechtsdienstleistungen erlaubte Nebenleistungen sein können. Dies bedingt einen inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang. Nur solche Rechtsdienstleistungen sind erlaubt, die auch tatsächlich bei der Testamentsvollstreckung selbst anfallen, während Rechtsdienstleistungen außerhalb dieser Tätigkeit davon zu trennen sind.[1] Die Erlaubnisfreiheit der im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung zu erbringenden Rechtsdienstleistungen beginnt frühestens mit der Annahme des Amts und endet mit der Beendigung des Amts.

Eine mögliche Belastung des Nachlasses mit zusätzlichen Kosten für die Einholung von externem Rechtsrat durch den rechtsunkundigen Testamentsvollstrecker ist die für den Erblasser vorhersehbare Folge der Auswahl der Person des Testamentsvollstreckers. Der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Steuerberater muss also auch keine Bedenken haben, dass ihn Erben wegen vermeidbarer Kosten in Regress nehmen.

[1] S. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/3655, S. 55.

3.1.3 Haftungsfallen

Der Steuerberater verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, wenn er den Nachlass unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten überprüft und Antrag auf Eröffnung eines Nachlass-Insolvenzverfahrens (§§ 315 ff. InsO) stellt. Hierzu ist der Testamentsvollstrecker bei Vorliegen der Gründe auch verpflichtet, um den Erben die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zu erhalten.

Der Steuerberater als Testamentsvollstrecker kann gleichzeitig zum Insolvenzverwalter ernannt werden. Die Insolvenzverwaltertätigkeit ist dem Steuerberater zwar erlaubt, birgt jedoch eigene spezielle Haftungsrisiken.

Verboten ist dem Steuerberater jegliche Prozessführung (Ausnahme: Finanzgerichtsprozesse zugunsten des Nachlasses). Auch wenn vor den Amtsgerichten kein Anwaltszwang herrscht – Streitwertgrenze: 5.000 EUR – ist der Steuerberater aufgrund fehlender Kenntnisse der Zivilprozessordnung im eigenen Interesse zur Fehlervermeidung gut beraten, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, wenn er Forderungen zugunsten des Nachlasses einklagt bzw. Forderungen zulasten des Nachlasses abwehrt. Dies gilt auch, wenn er im Rahmen seiner Tätigkeit prozessführungsbefugt für Aktivprozesse nach § 2212 BGB ist und u. U. bei Passivprozessen gegen den Nachlass nach § 2213 BGB.

 
Hinweis

Kooperation mit einem Fachanwalt

Verträge jeglicher Art – egal ob zwischen ihm als Testamentsvollstrecker und Dritten oder zwischen den Erben, vor allem im Rahmen der Abwicklungsverwaltung – darf der Steuerberater als Testamentsvollstrecker nicht formulieren. Hier bietet sich die ständige Kooperation mit einem Fachanwalt für Erbrecht bzw. für Handels- und Gesellschaftsrecht an, der dann direkt mandatiert wird.

Die Abwehr von Erbersatzansprüchen sowie die Tätigkeit bei Streitigkeiten zwischen den Erben stellen rechtliche Beratungsanteile bei der Testamentsvollstreckung dar und sind dem Steuerberater verboten.

Der Testamentsvollstrecker darf die Hinterbliebenen bei der Geltendmachung ihrer Rentenansprüche unterstützen, indem er Versicherungsunterlagen überlässt. Die Bearbeitung eines Rentenantrags stellt aber für den Steuerberater eine unerlaubte Rechtsberatung dar.

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