Kurzbeschreibung

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Erwerbstätigen, insbesondere von Gesellschafter-Geschäftsführern, Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH sowie Geschäftsführern einer Familien-GmbH, ist schwierig und erfolgt jeweils im Einzelfall. Berücksichtigt wird dabei die bereits ergangene Rechtsprechung. Diese wird hier dargestellt.

Wichtige Hinweise

Diese Übersicht wurde als Anlage 3 zum GR v. 1.4.2022 veröffentlicht.

Lfd. Nr. 1

BSG-Fundstelle

13.12.1960, 3 RK 2/56

(BSGE 13, 196; SozR AVG § 1 aF Bl. Aa 2 Nr. 5;
Die Beiträge 1961, 212; BR/Meuer 299 A4a71-1-; NJW 1961, 1134)
Sachverhalt
  • Gesellschafter-Geschäftsführer mit 5 % Kapitalanteil
  • Hauptgläubiger der GmbH
  • Anstellungsvertrag, wonach die gesamte Arbeitskraft für die GmbH aufgewendet werden muss
  • Bindung an die Satzung und Anweisungen durch Gesellschafterbeschlüsse
  • Vergütung: gewinnabhängige Umsatzbeteiligung von 10 %
Entscheidung Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Urteilstenor/Begründung
  • Obwohl der Geschäftsführer einer GmbH Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann dennoch eine Arbeitnehmereigenschaft i.S.d. Sozialversicherung vorliegen.
  • Das RVA hat bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern nur an die Kapitalbeteiligung angeknüpft. Dem kann nicht voll gefolgt werden.
  • Die Kapitalbeteiligung ist nur dafür ausschlaggebend, ob nicht von vornherein aufgrund der Mehrheit oder Sperrminorität innerhalb der Gesellschafterversammlung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich ausgeschlossen ist.
  • Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob und inwieweit der Gesellschafter-Geschäftsführer weisungsgebunden ist.
  • Besteht die Weisungsgebundenheit allein darin, dass der Geschäftsführer in seiner Entscheidungsfreiheit bei bestimmten wichtigen Geschäften beschränkt ist, ohne zugleich einem – für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden – Direktionsrecht des Dienstberechtigten in Bezug auf die Ausführung seiner Arbeit unterworfen zu sein, so ist der Geschäftsführer trotz seiner gesellschaftsrechtlichen Bindung an den – in Beschlüssen konkretisierten – Willen der Gesellschaftsmehrheit nicht abhängig beschäftigt.

Lfd. Nr. 2

BSG-Fundstelle

15.12.1971, 3 RK 67/68

(USK 71199; SozR Nr. 68 § 165 RVO; Breith. 1972, 537;
Die Beiträge 1972, 246; BR/Meuer 663 A19a7-16-; BB 1972, 404)
Sachverhalt
  • Familien-GmbH
  • Gesellschafter-Geschäftsführer mit 1/3 Kapitalanteil (geschiedene Ehefrau 2/3)
  • einschlägige Branchenkenntnisse als einziger Gesellschafter
  • Geschäftsführertätigkeit ohne Gesellschafterbeschluss oder Anstellungsvertrag
  • monatliches Gehalt
Entscheidung Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Urteilstenor/Begründung
  • Was die Ausführungen der Arbeit angeht, kann die Weisungsgebundenheit – insbesondere bei Diensten höherer Art – stark eingeschränkt zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein; die Dienstleistung ist trotzdem fremdbestimmt, wenn sie in der von anderer Seite vorgeschriebenen Ordnung des Betriebs aufgeht.
  • Kann der Dienstnehmer seine Tätigkeit dagegen im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen, so ist er selbstständig tätig.
  • Verfügt der Geschäftsführer in einer Familien-GmbH als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebs notwendigen Branchenkenntnisse, gibt seine Meinung bei Gesellschafterbeschlüssen in der Regel den Ausschlag. Insoweit kann nicht von Weisungsgebundenheit ausgegangen werden.
  • Das gemeinsame Wirken im Dienst der GmbH ist durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander gekennzeichnet.

Hinweise:

Familiäre Verbundenheit oder Rücksichtnahme ist nach Ansicht des BSG grundsätzlich nicht (mehr) geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergibt, gänzlich zu negieren (vgl. dazu lfd. Nr. 35, 36, 39).

Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"- Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbstständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (vgl. dazu lfd. Nr. 37, 38, 41).

Ldf. Nr. 3

BSG-Fundstelle

22.8.1973, 12 RK 24/72

(USK 73122; SozR Nr. 22 § 3 AVG; Breith. 1974, 369;
Die Beiträge 1973, 345; BB 1973, 1310 ; BR/Meuer 663 A19a7-28-; NJW 1974, 207)
Sachverhalt
  • Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung
  • Alleinvertretungsbefugnis
  • Dienstvertrag
  • monatliches Gehalt, Weihnachtsgeld und Urlaubsvereinbarung
  • im Übrigen gelten die Bestimmungen des BGB und HGB über die Stellung des Geschäftsführers
  • der Geschäftsführer hat im Auftrag der Gesellschafterversammlung die Geschäftsordnung, den Organisationsplan und die Arbeitsplatzbeschreibung aufgestellt
Entscheidung Abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Urteilstenor/Begründung
  • Der Sachverhalt ist anders zu beurteilen als bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, da hier das unternehmerische Risiko fehlt. Der Geschäftsführer stellt nur seine Arbeit...

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