Leitsatz

An Flächen oder Fluren, die Zugang zu Räumen ermöglichen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, kann wenigstens ein eingeschränktes Sondernutzungsrecht eingeräumt werden.

 

Normenkette

WEG § 13 Abs. 2

 

Das Problem

In der Gemeinschaftsordnung heißt es wie folgt:

 

§ 2 Sondernutzungsrechte

An dem gemäß § 5 WEG gemeinsamen Eigentum steht das Recht zur alleinigen und ausschließlichen Benützung den nachgenannten Sondereigentümern in der folgenden Weise zu:

d) dem jeweiligen Eigentümer der Sondereigentumseinheit Nummer 1 das Sondernutzungsrecht an dem Kellerraum, der in dem dieser Urkunde als Anlage II (Nachtrag) beigefügten Lageplan grün gekennzeichnet ist, und das Sondernutzungsrecht an der Doppelgarage, die in dem dieser Urkunde beigefügten Lageplan blau gekennzeichnet ist. Diese Sondernutzungsrechte werden insofern beschränkt, dass der jeweilige Sondernutzungsberechtigte dulden muss, dass die übrigen Sondereigentümer den Kellerraum bzw. die Garage betreten, um zu dem dahinterliegenden Heizungsraum bzw. dem dahinterliegenden Tankraum zu gelangen.

Das Grundbuchamt meint, der Eintragung dieser Regelung stehe als Hindernis entgegen, dass die Zugangsräume zu Heizungs-, Zähler- und Tankraum zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum stünden und sämtlichen Miteigentümern zum ständigen und ungehinderten Mitgebrauch zur Verfügung stehen müssten. Durch das Sondernutzungsrecht könne der sondernutzungsberechtigte Eigentümer jedoch den anderen Miteigentümer in seinem Mitgebrauch behindern bzw. stören. Dagegen richtet sich die Beschwerde. Mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

Dem Eintragungsantrag fehle, bezogen auf das Sondernutzungsrecht an Garage und Kellerraum, nicht die Eintragungsfähigkeit.

 

Kommentar

  1. Der Einräumung eines Sondernutzungsrechts stehe die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG nicht entgegen. Danach könnten zwar Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienten, nicht Gegenstand von Sondereigentum sein, selbst wenn sie sich im Bereich der in Sondereigentum stehenden Räume befänden. Und das gelte nach dem Sinn der Vorschrift nicht nur für Anlagen oder Einrichtungen, sondern auch für Räume. Sie stünden daher zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum, wenn ihr Zweck darauf gerichtet sei, der Gesamtheit der Wohnungseigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten. Das treffe u.a. auf Flächen und Flure zu, die als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt seien oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienten, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befänden.
  2. Allerdings schließe § 5 Abs. 2 WEG nicht die Einräumung von Sondernutzungsrechten an Flächen oder Fluren aus, die den Zugang zu im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räumen ermöglichten (Hinweis u.a. auf Hügel/Elzer, WEG, 12. Auflage, § 13 Rn. 53). Anders könnte es nur liegen, wenn die inhaltliche Ausgestaltung des Sondernutzungsrechts das Mitgebrauchsrecht der übrigen Wohnungseigentümer ausschließe (Hinweis auf Armbrüster in Bärmann, WEG, 14. Auflage, § 5 Rn. 29).
  3. Im Fall sei das Sondernutzungsrecht ausdrücklich beschränkt eingeräumt worden, sodass der Zugang der weiteren Wohnungseigentümer zur Heizung und dem Tankraum schon deswegen gewährleistet sei. Auf die grundsätzliche Frage, ob die Einräumung des Sondernutzungsrechts gegebenenfalls als Umgehung der Regelung des § 5 Abs. 2 WEG gesehen werden könne und welche Auswirkungen dies habe, komme es daher nicht an.
Anmerkung
  1. Grundsätzlich kann jeder Raum zum Sondereigentum erklärt werden, ist also sondereigentumsfähig. Etwas anderes gilt analog § 5 Abs. 2 WEG für Räume, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Dies ist der Fall, wenn der Raumzweck darauf gerichtet ist, der Gesamtheit der Wohnungseigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und/oder der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten.

    Überblick: Räume, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen

    • das Treppenhaus
    • gegebenenfalls ein Speicher
    • ein Verbindungsflur, der den einzigen Zugang zur Heizanlage darstellt,
    • ein Raum, der den einzigen Zugang zum gemeinschaftlichen Geräteraum bildet
    • der Durchgang zum Hinterhaus
    • Räume, die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden
    • "Flure", die als Zugang zu Räumen oder Flächen dienen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen
  2. Um einem Wohnungseigentümer dennoch die Möglichkeit zu geben, einen solchen Raum im Wesentlichen allein zu gebrauchen, kann man überlegen, an ihm ein Sondernutzungsrecht zu begründen. Denn einem Sondernutzungsrecht steht es nic...

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